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Twitter und SpracheOMG, Männer fluchen

Twittern Männer anders als Frauen? Ja und nein, sagen US-Forscher, die mehr als neun Millionen Tweets sprachlich untersucht haben.

Männer und Frauen sprachlich strikt getrennt? Nicht wirklich. Bild: .marqs / photocase.com

Sprache kann Herkunft widerspiegeln. Bildungsgrad. Klassenzugehörigkeit. Aber auch das Geschlecht? In den USA haben drei Forscher aus Atlanta, Pittsburgh und Stanford den Zusammenhang zwischen Gender und Sprache bei Twitter untersucht.

Über die üblichen „Frauen können nicht einparken“- und „Männer nicht multitasken“-Klischees hinausgehend untersucht die Studie detailliert, ob sich Frauen und Männer in der Knappheit von 140 Zeichen grundlegend unterschiedlicher Sprache bedienen.

Untersucht wurden mehr als 14.000 Twitter-Nutzer und mehr als neun Millionen ihrer Tweets. Mehr linear als kommunikativ ausgerichtete Nutzer wie Unternehmen, Medien und Prominente schlossen die Forscher aus.

Das eindeutig uneindeutige Ergebnis: Zwar gibt es Wörter, die in der Tendenz geschlechtsspezifisch benutzt werden: Frauen etwa verwenden mehr Pronomen, Emotionen ausdrückende Adjektive ("traurig“ „glücklich“) und Abkürzungen wie „lol“ und „omg“. Männer twittern demnach eher Zahlen, technische Ausdrücke und Schimpfwörter.

Männer mit weiblichen „Standardwörtern“

Doch darauf festzulegen sind Twitter-Nutzer nicht. Denn bei den untersuchten Nutzern zeigten sich auch Twitterer, die sich nicht der geschlechtsspezifischen Sprache bedienten – Männer, die sich weiblicher „Standardwörter“ bedienten und umgekehrt.

Was beeinflusst die untersuchten Twitter-Nutzer also noch in ihrer Kommunikation? Die Forscher, darunter der Linguist Tyler Schnoebelen, schauten nicht nur isoliert auf einzelne Tweets sondern auch auf die Interaktion und Kommunikation der Twitterer.

Das Umfeld, so das Ergebnis der Untersuchung, beeinflusst die Sprachwahl. Ein männlicher Twitterer, der in seinem Netzwerk viele Frauen hat, bedient sich demnach überdurchschnittlich an Wörtern, die Frauen zugeordnet werden. Ein Frau, die viele männlicher Follower hat, wird sich eher an Zahlen und technischen Begriffen bedienen. Und ist das soziale Netzwerk auf Twitter heterogen, wird die vom Nutzer gewählte Sprache eher ohne eine derart geschlechter-besetzte Sprachwahl auskommen.

Das dürfte auch für Twitter nicht unterinteressant sein. Das Unternehmen hatte im Oktober 2012 angekündigt, ihre Werbung genauer auf weibliche und männliche Nutzer zuzuschneiden. Da Nutzer anders als in anderen sozialen Netzwerken auf Twitter aber bei der Anlegung eines Nutzerkontos nicht ihr Geschlecht angeben müssen, ist das gezielte Marketing fehleranfällig.

Die Forscher zeigen: Über Wortwahl und Ausdruck der Tweets allein werden es die Nutzer den Werbetreibenden nicht einfacher machen. Denn wo oberflächlich betrachtet „frau“ draufstehen mag, muss noch lange keine Frau twittern.

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6 Kommentare

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  • I
    iBot

    "Denn bei den untersuchten Nutzern zeigten sich auch Twitterer, die sich nicht der geschlechtsspezifischen Sprache bedienten – Männer, die sich weiblicher „Standardwörter“ bedienten und umgekehrt."

     

    OMG rly? Man kann also anhand von allgemeinen Trends NICHT das Verhalten des Einzelnen vorhersagen?!

     

    Unglaublich!

  • S
    Supi

    @logopäd

     

    "Ob Mann oder Frau, man bedient sich jedenfalls nicht an Wörtern. Man bedient sich der Wörter (Genitiv)."

     

    Hängt davon ab, was man ausdrücken will. So wie: "Er bediente sich an den Schokoplätzchen." (d.h. "Er nahm sich von den Schokoplätzchen"), im Gegensatz zu "Er bediente sich der Schokoplätzchen." (z.B., um sich bei seinen Kollegen beliebt zu machen).

     

    Und, ja, Sprache ist im Wandel.

  • D
    Dhimitry

    Amerikanische Wissenschaftler habe heraus gefunden: Menschen sind verschieden. Sürpriz!

  • AR
    Antonia R.

    Neben der Genitivitis, die verpflichtend gemacht werden soll, ist die Genus-Markierung im vollen Gange (so die Metapher für undurchsichtige Prozesse).

    Mann oder frau sollten nur noch geschlechts-variabel sich äußern: Paula schreibt als Paul. Paul als Paulus oder Saulus... (Denn die virile Macht soll in der virtuellen Welt nicht gestört werden. Onlinerei als männlicher AnspannZirkus.

  • E
    EU-Forscher

    Hilfe, wir werden amerikanisiert!

  • L
    logopäd

    Hat die Bedienmich-Mentalität jetzt auch in der Taz-Sprache Einzug gehalten? Ob Mann oder Frau, man bedient sich jedenfalls nicht an Wörtern. Man bedient sich der Wörter (Genitiv).