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Twitter gegen Hass im NetzDie „Junge Freiheit“ hat 'nen Schatten

Eine Reihe von politischen Accounts soll mit einem „Shadowban“ belegt worden sein. Technischer Defekt oder Moderationsstrategie?

Wieviel „Schatten“ ist im Netz eigentlich angemessen? Nicht nur Twitter scheint sich damit schwer zu tun Foto: dpa

Seit Tagen rumort es in den Social-Media-Kanälen: Von „widerlicher Zensur“ ist die Rede, die Meinungsfreiheit sei in Gefahr. Ursache dafür sind Twitter-Accounts, Tweets und Hashtags, die zeitweise nicht auffindbar waren. Die Twitter-Community vermutete, dass bestimmte Accounts absichtlich von Twitter gebannt worden wären, das Unternehmen hätte einen sogenannten Shadowban angewendet.

Die vermeintlichen Sperrungen betrafen linke wie auch rechte Accounts, sowohl Antifas als auch AfD-Abgeordnete. Als dann auch Beiträge der rechtskonservativen Zeitung Junge Freiheit auf Twitter nicht mehr auffindbar waren, befürchtete die Community einen Angriff auf die Pressefreiheit. Zwei Tage lang brodelte es in der Gerüchteküche, bis die Junge Freiheit vermeldete: Twitter habe den vermeintlichen Shadowban mit dem technischen Defekt eines Spamfilters erklärt.

Was aber hat es mit dem Shadowban auf sich? Das Moderationstool mit dem sinistren Namen soll dafür sorgen, dass Hate Speech und Spam weniger Verbreitung finden, indem es die Reichweite bestimmter User einschränkt. Deren Tweets sind dann nur noch für ihre Follower sichtbar, ihre Hashtags und Accounts können von Außenstehenden nicht mehr gefunden werden.

Dahinter steckt folgende Idee: Betroffene User sollen selbst nicht bemerken, dass ihre Accounts eingeschränkt worden sind, damit sie die Maßnahme nicht umgehen, indem sie zum Beispiel einfach neue Accounts erstellen.

„Shadowban würde dann funktionieren, wenn die User es nicht bemerken. Das tun sie aber in der Regel“, sagt der Kommunikationswissenschaftler Andreas Vogel vom Institut für Presseforschung in Köln. Zwar informiert das Unternehmen die User nicht über den Bann, es ist aber durch ausbleibende Kommentare und Interaktionen spürbar. Die Aufregung der letzten Tage hat gezeigt, wie schnell sich das Wissen über die Einschränkung der Kommunikation verbreitet.

Twitter bleibt bewusst vage

Wie genau das Tool funktioniert, ist darüber hinaus weitgehend unklar: Es soll auf einem Algorithmus beruhen, der auf bestimmte Wörter reagiert, wie lange der Bann aber zum Beispiel andauert, ist bisher unbekannt. Im Netz kursieren Angaben von ein paar Tagen bis zu mehreren Monaten. Wie man aus der sogenannten Shadowbox wieder herauskommt, ist ebenso nicht geklärt. Eine Userin aus den USA berichtet auf ihrem Blog, dass sie entsperrt wurde, nachdem sie bei der Anzeigenabteilung des Unternehmens bekundete, eine Anzeige schalten zu wollen. Twitter selbst bleibt über die Funktionsweise des Banns bewusst vage, um den Usern möglichst wenig Möglichkeiten zu geben, das Tool zu umgehen.

Die Twitter-Community ist bereits selbst aktiv geworden, um gegen Shadowban vorzugehen: Eine Initiative gegen den #shadowban von Twitter bietet Usern eine Seite, auf der sie testen können, ob sie der Sperrung unterliegen. Es ist auch möglich, mit einem Inkognitotab des Browsers nach Tweets des Accounts zu suchen. Auf der Kampagnenplattform change.org ist eine Petition gegen den Shadowban erstellt.

Bundesjustizminister Heiko Maas hatte in den vergangenen Monaten mit seinem „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ eine breite Debatte über den richtigen Umgang mit Hass im Netz angestoßen. Mit dem Gesetz wollte Maas Plattformbetreiber unter Druck setzen, diskriminierende Kommentare schneller zu löschen. Netzaktivist_innen und Politiker_innen kritisieren den Gesetzentwurf als ungenau und unzureichend. In dieser Woche wird das Gesetz wohl nun in einer entschärften Variante verabschiedet werden.

Transparenz in ­Sachen Shadowban ist nicht im Interesse der Unternehmen

Im Kontext der derzeitigen netzpolitischen Debatte ist die Diskussion über den Shadowban besonders pikant.

Von Twitter gibt es bisher keine offiziellen Informationen darüber, wann der Shadowban zum Einsatz kommt. Es ist auch nicht im Interesse der Unternehmen, darüber Auskunft zu geben, denn damit wäre es einfacher für Nutzer_innen, denn Bann zu umgehen.

Gerade in dieser Desinformation liegt aber das Problem, denn sie öffnet Raum für Spekulationen und Verschwörungstheorien – wie an dem aktuellen Fall schön beobachtet werden kann.

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3 Kommentare

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  • Nächster Fünfteiler von Dieter Wedel:

    Der Schattenbann.

    Mit Ulrich Tukur als fiesem Hackermafioso und Mario Adorf als besorgtem Zeitungstycoon, der erschrocken Bekanntschaft mit diesem neuen Internetz macht.

  • "Verschwörungstheorien - wie an dem aktuellen Fall schön beobacht werden kann"... also ich denke man kann die Erklärung mit dem Spamfilter" auch kritisch hinterfragen.

  • Twitter bannt gerne auf Gutdünken. Deswegen sollte sie eigentlich gemieden werden. Der Don Alphonso Artikel war sehr interessant dazu