Turbine Potsdam wird Fußballmeister: Am Ende ganz souverän
Turbine Potsdam sichert sich am letzten Spieltag die Meisterschaft im Frauenfußball. Die Bilanz einer Saison, die geprägt war von der kommenden WM im eigenen Land.
Diskussionen wollten sie erst gar nicht aufkommen lassen an diesem frühlingshaften Sonntagnachmittag - denn schon nach wenigen Minuten war die Frage über Sieg oder Niederlage in einer Eindeutigkeit beantwortet, die die Zuschauer in Potsdam beindruckte: Viola Odebrecht traf schon in der dritten Minute zum 1:0 im Karl-Liebknecht-Stadion für Potsdam, Anja Mittag traf in der fünften Minute zum 2:0 gegen die SG Essen Schönebeck. Babett Peter traf zum 3:0 in der zweiten Hälfte - es bedeutete den dritten Meistertitel in Folge für Turbine.
Die Unbekannten
In Potsdam und Frankfurt konnten sich die Verantwortlichen am Sonntag noch einmal über außergewöhnlich große Zuschauerkulissen freuen. Ansonsten hält sich die Begeisterung am Frauenfußball vor der WM im eigenen Lande in überschaubaren Grenzen. In Hamburg wurden im Februar bei einer Bundesligapartie 78 Zuschauer gezählt. Der Schnitt pro Spiel liegt in der Liga knapp unter 800 Besuchern. Einerseits hängt das damit zusammen, dass die Liga sich ein- und kleinmütig den WM-Planungen des Nationalteams unterworfen hat. Ein zusammengestauchter Spielplan war die Folge, bei dem sich die Termine im kalten Winter ballten. Trotz widrigster Bedingungen wurden die Begegnungen meist unverdrossen, aber eben auch fast unbeachtet angepfiffen.
Andererseits stagniert das Zuschauerinteresse sowieso. Seitdem man vor vier Jahren Rekordbesucherzahlen vermeldete, ist die Tendenz leicht rückläufig. Doris Fitschen, die Managerin der deutschen Nationalmannschaft, erklärt das für sie "unbefriedigende" Interesse an der Bundesliga unter anderem damit, dass diese im Fernsehen nur als "regionales Ereignis" präsentiert werde. Auch am Sonntag beim Bundesliga-Finale waren lediglich die Kamerateams der Regionalsender aus Hessen und Brandenburg vor Ort.
Die Unausgeglichenen
Katja Spielmann, die Managerin des 1. FC Saarbrücken, der am Sonntag nach einer recht deutlichen 0:5-Niederlage in Duisburg abstieg, hat die Stagnation des Zuschauerzuspruchs mit der immer noch andauernden Unausgeglichenheit der Liga zu tun. Dreimal endeten in dieser Saison Begegnungen 8:0, zweimal gar 9:0. Für Spielmann sind die extrem unterschiedlichen Finanzbudgets ausschlaggebend für diese Schlappen.
In Saarbrücken können zum Beispiel im Kader nur die zwei ausländischen Nationalspielerinnen, die Trainerin und die Managerin vom Fußball leben. Beim finanzstärksten Klub, dem 1. FFC Frankfurt, werden alle Spielerinnen, das dreiköpfige Trainerteam, der Manager und acht Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle als Vollzeitarbeitskräfte vergütet. "Wir haben hier ein kleines Unternehmen aufgebaut", erläutert Manager Siegfried Dietrich stolz. Katja Spielmann aus Saarbrücken gesteht: "Im Grunde genommen machen wir hier Amateursport."
Die Unabkömmlichen
In den vergangenen Wochen wurde auch von Männern gönnerhaft die Frage in den Raum gestellt, ob Silvia Neid, die Bundestrainerin der Fußball-Frauen, nicht auch ein Männerteam in der Fußball-Bundesliga leiten könnte. Ein hübsches, aber doch verwegenes Gedankenspiel.
Insbesondere wenn man bedenkt, dass in der Eliteklasse der Frauen momentan lediglich eine Frau an der Seitenlinie das Sagen hat: Doreen Meier bei Bayer Leverkusen ist die letzte Trainerin, nachdem zwei Kolleginnen in dieser Saison entlassen und mit Männern ersetzt wurden. Katja Spielmann sagt: "Das ist schade. Es gibt einfach zu wenige ausgebildete Trainerinnen." Siegfried Dietrich findet: "Ob die Trainer Frauen oder Männer sind, ist doch eigentlich egal. Wichtig ist, dass sie eine gute Arbeit machen. Vielleicht verstehen Männer Frauen manchmal besser." Die Emanzipationskraft, die man sich von der WM im Sommer verspricht, scheint bislang eher von außen an den Frauenfußball herangetragen zu werden. Sie ist weniger ein Produkt seiner inneren Verfasstheit.
Die Unaufhaltsamen
Erste untrügliche Anzeichen sprechen dafür: Die allseits geforderte Professionalisierung ist bereits im Gange. Insgesamt drei Trainerentlassungen gab es in dieser Saison. Das ist ungewöhnlich und für Frankfurts Manager Dietrich ein Beleg für den gesteigerten Wettbewerbsdruck. Mittelfristig werde die Liga noch viel professioneller werden, glaubt Dietrich. In der gesamten Ersten Liga werde sich das Vollprofitum etablieren. Ein Zuschauerschnitt von 3.000 bis 5.000 Besuchern wäre dann durchaus realistisch. Zudem rechne er dann mit einer größeren Fernsehpräsenz. Die Weltmeisterschaft sei ein wichtiger Katalysator für diesen Prozess. Aber grundsätzlich stellt Manager Dietrich fest: "Schon jetzt spielen immer mehr Mädchen Fußball. Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die nicht aufzuhalten ist."
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