piwik no script img
taz logo

Türkin droht morgen Abschiebung

■ Leben im Frauenhaus für Ausländerinnen nicht gestattet

Berlin (taz) – Am morgigen Freitag soll eine 26jährige Türkin, die derzeit im Düsseldorfer Frauenhaus lebt, in ihre Heimat abgeschoben werden. Grund der von der Ausländerbehörde Grevenbroich verfügten Abschiebung: Die 26jährige soll nicht die erforderliche Zeit von drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft gelebt haben, die das Ausländerrecht für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht vorschreibt. Im Widerspruchsverfahren gegen die drohende Abschiebung urteilte das Düsseldorfer Verwaltungsgericht schon im Februar diesen Jahres, ein besonderer Härtefall im Fall von Canan K. sei nicht gegeben. Dieser Meinung schloß sich auch das Oberverwaltungsgericht Münster an.

Gegen diese Auslegung versuchen die Grünen im Landtag von Nordrhein-Westfalen nun anzugehen. Gestern richtete sich die Landtagsabgeordnete Marianne Hürten mit einem Schreiben an das nordrhein-westfälische Innenministerium. Denn noch im letzten November hatte NRWs Innenminister Herbert Schnoor erklärt, in Härtefällen gäbe es Ausnahmeregelungen. Und Canan K. ist nach Ansicht von Marianne Hürten eindeutig ein Härtefall.

Canan K. lebt seit fünf Jahren in der Bundesrepublik. Nachdem sie schon als 14jährige von ihrem Vater verheiratet wurde – die Ehe wurde noch in der Türkei geschieden – zwang ihr Vater sie 1987 erneut zur Eheschließung mit seinem Cousin in Köln. Knapp drei Jahre nach ihrer Einreise in die BRD floh Canan K. in ein Frauenhaus. Ärztliche Gutachten bestätigen, daß zwei Fehlgeburten aus der zweiten Ehe auf schwere Mißhandlungen zurückzuführen seien. Auch der Kölner Polizei sollen nach Auskunft der amnesty-international-Mitarbeiterin Eva Klippenstein Unterlagen zu den fortgesetzten Gewalttaten des Ehemanns vorliegen. Nach einer Abschiebung in die Türkei sei zu befürchten, daß sie den rachsüchtigen Nachstellungen des Vaters ausgeliefert sei. Klippenstein forderte gestern den Landtag von NRW auf, die drohende Abschiebung zu stoppen.

Johannes Winkel, Sprecher des Innenministers von NRW, erklärte gestern, schon im November letzten Jahres habe sein Ministerium in einem Schreiben an den Bundesinnenminister für die Streichung des § 19 im Ausländerrecht plädiert. Die Erfahrungen zeigten, daß dieser Paragraph, der ein eigenständiges Aufenthaltsrecht von Ehepartnern an die dreijährige Lebensgemeinschaft bindet, die „Lösung wirklich tragischer Fälle unmöglich“ mache. Im Fall von Canan K. bemühe sich das Ministerium um einen Ausweg. flo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen