piwik no script img

Tür an Tür mit der AfDMit den Nachbarn klappt es nicht

Die AfD findet seit über einem Jahr kein Parteibüro. Nun sitzt sie in der Bahnhofsvorstadt – mitten in einer multikulturellen Umgebung.

Das neue Büro der AfD in der Falkenstraße ist als solches noch nicht erkennbar Foto: Gareth Joswig

BREMEN taz | Ausgerechnet neben einer Moschee und einem Afro-Shop hat die AfD Bremen seit kurzem ein Büro in der Bahnhofsvorstadt angemietet. Seit rund einem Jahr hatte die Partei keinen festen Standort in Bremen und auch das neue Parteibüro ist noch nicht anhand von Schildern oder Briefkästen als solches erkennbar. Allerdings ist die Internetpräsenz des Landesverbands bereits auf die neue Adresse in der Falkenstraße sowie den Namen den Landesvorsitzenden und Bundestagskandidaten, Frank Mag­nitz, angemeldet. Auch telefonisch bestätigt Magnitz der taz, dass die AfD in dem Büro seit kurzem Untermieter ist.

Laut Magnitz seien die Räumlichkeiten allerdings keine Parteibüro, sondern nur ein Ort für „interne Veranstaltungen zu bestimmte Themen“, wie Magnitz sagt, „ein Jahr lang haben wir gesucht, hier ist zufälligerweise etwas frei geworden“. Man sei über persönliche Kontakte Untermieter in dem Büro geworden, dass von einem „Sozialberatungsverein“ gemietet worden sei. Interessant dabei: Magnitz ist selbst Hausverwalter der Immobilie, wie er der taz bestätigte.

AnwohnerInnen planen bereits Proteste gegen die neue AfD-Zentrale in Bremen. Einer von ihnen, Sebastian Rave, ein 35-jähriger Mediengestalter, hat von den neuen Nachbarn auf der Seite Afdwatchbremen.com gelesen. Er war geschockt. Rave sagt: „Die Falkenstraße ist eine der multikulturellsten Straßen überhaupt. Das geht ja mal gar nicht klar.“ Vor eineinhalb Jahren hat Rave bereits die Großdemo gegen den AfD-Parteitag in Bremen organisiert. Seitdem er von dem Parteibüro in seiner Nachbarschaft erfuhr, organisiert Rave zusammen mit anderen AnwohnerInnen erneut Protest gegen die AfD, diesmal vor seiner Haustür.

Besonders die Lage des neuen Büros ist aus Sicht der AnwohnerInnen eine Provokation. Es liegt direkt neben einem Afro-Shop, zwei Häuser weiter hat eine Moschee ihre Gebetsräume. Die AnwohnerInnen haben ein mehrsprachiges Flugblatt drucken lassen, um zu informieren und zu einer Anwohnerversammlung am 17. Juni direkt vor dem neuen Parteibüro einzuladen. Auf dem Flugblatt steht: „Die AfD ist eine rassistische und nationalistische Partei und hetzt gegen Einwanderer und den Islam. Sie vergiftet das Klima in unserer Straße, in der Menschen aus vielen Nationen und mit vielen Religionen friedlich miteinander leben.“

Der Inhaber des angrenzenden Afro-Shops, Mambu Luyindula, sagt: „Ich finde nicht gut, was die machen, aber die AfD ist nicht verboten.“ Luyindula kennt Magnitz als Hausverwalter, er ist ebenfalls dessen Mieter. Er sagt: „Er hatte Streit mit dem Vormieter, es ging um Wasserschäden und Mängel.“ Er selbst habe auch schon Probleme mit der Hausverwaltung gehabt: „Vor ein paar Monaten wurde bei einem Einbruch eine Scheibe eingeschlagen – bereits zum dritten Mal.“ Zwei Mal habe die Hausverwaltung die Reparatur bezahlt, die letzte musste Luyindula selber zahlen, obwohl es vertraglich anders vereinbart sei. Geschockt sei er allerdings gewesen, als Anfang des Monats am leer stehenden Büro nebenan Sticker gesehen habe. „Asylbetrüger – nein Danke“ habe auf ihnen gestanden und „Stopp die Moschee“.

Inzwischen kleben an dem noch leeren Büro Aufkleber, auf denen „Kein Bock auf Nazis“ und „Die AfD ist rassistisch“ steht. Irgendjemand hat Bauschaum in den Briefkasten gefüllt. Der neue Mieter kann nur hoffen, dass die Hausverwaltung zahlt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • +++Mambu Luyindula, sagt: „Ich finde nicht gut, was die machen, aber die AfD ist nicht verboten.“+++

     

    Wenigstens einer, der weiß was Demokratie bedeutet.

  • Frank Magnitz: Ein ehrenwertes Haus

    "In diesem Mietshaus wohnen wir seit kurzem und sind unbekannt

    Doch stell dir vor, was ich soeben unter uns'rer Haustür fand

    Es ist ein Brief von unserm Nachbarn Sebastian Rave, darin steht, wir müssen raus!

    Sie meinen, wir von AfD, wir passen nicht in dieses ehrenwerte Haus.

    Hat man sich gestern hier getroffen und dann hat man abgestimmt

    Und die Gemeinschaft aller Mieter schreibt uns nun: „Zieh'n Sie hier aus!“

    (hey, hey, hey)

    Rechtspopulisten passen nicht

    in dieses ehrenwerte Haus."

    Martin Korol, frei nach Udo Jürgens, 1975

  • Sebastian Rave, Mitglied im Bremer Landesvorstand der Linken, ist also geschockt über einwanderungskritische 'Hetzer' in seiner Nachbarschaft ... Das wirkt skurril ... Wo war er denn am 03.09.2016, als übelst öffentlich gegen mich gehetzt wurde? Zufällig am Mikro auf dem Bahnhofsvorplatz hinter einer Lkw-Plane versteckt? Zumindest ist diese Rede die schlimmste Hetze, die ich bislang in Bremen vernommen habe. Wieso hat man dazu eigentlich in bremer Printmedien nicht eine kritische Bemerkung gefunden?

     

    " https://youtu.be/C3P2_wum_Gw