Tschads Exdiktator Hissène Habré: Coronatod in Haft
Habré galt als einer der grausamsten Diktatoren der Welt. Mit allen Mitteln wollte er einer lebenslangen Haft entkommen – wo er nun gestorben ist.
„Hissène Habré wird in die Geschichtsbücher eingehen als einer der unbarmherzigsten Diktatoren der Welt – ein Mann, der sein eigenes Volk abschlachtete, ganze Dörfer anzündete, Frauen als Sexsklavinnen an seine Armee übergab und Geheimverliese zur Folter seiner Feinde baute“, resümiert Reed Brody, der jahrzehntelang für Human Rights Watch Habré jagte.
Habré, der als Rebellenchef 1982 die Macht in Tschad ergriff, errichtete eine blutrünstige Diktatur, die der alten Kolonialmacht Frankreich als Verbündeter im Kampf gegen die Expansionsgelüste des damaligen libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi diente. Im Foltergefängnis La Piscine – ein koloniales Schwimmbecken, mit einem Betondach versehen und in kleine luft- und fensterlose Zellen aufgeteilt – starben viele Menschen und verfaulten neben ihren Mithäftlingen.
Erst im Dezember 1990 verlor Habré die Macht – an einen seiner eigenen ehemaligen Generäle, Idriss Déby. Habré floh mit der Staatskasse nach Senegal und wehrte sich mit allen juristischen Tricks gegen Klagen von Überlebenden seiner Terrorherrschaft. Erst als der Internationale Gerichtshof in Den Haag 2012 Senegal dazu verurteilte, Habré entweder anzuklagen oder auszuliefern, entstand in Senegals Hauptstadt Dakar ein Sondertribunal der Afrikanischen Union (AU). Habré wurde 2013 verhaftet und 2016 zu lebenslanger Haft verurteilt. Die 125 Millionen Euro Entschädigung, die seinen Opfern zugesprochen wurden, hat er nie bezahlt.
Im Sommer 2020 gewährte Senegal ihm noch 60 Tage Hafturlaub – wegen Corona. Im Sommer 2021, als die dritte Coronawelle Senegal traf, wurde Habré krank in eine Privatklinik verlegt. Der Verstorbene soll nun in die Heimat überführt und dort begraben werden – ohne Staatstrauer, sagte ein Regierungssprecher und fügte an: „Er wird immer ein Expräsident Tschads bleiben.“
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße