Trumps Zollpolitik: Der Countdown läuft
In einem Monat sollen Trumps weltweite Zölle nach der „Pause“ wieder eingesetzt werden. Besonders Entwicklungsländer trifft es hart.

„Für Süd- und Ostasien sind die Zahlen robust“, sagte Chefökonom Indermit Gill bei der Vorstellung des Berichts, aber außerhalb Asiens seien die Entwicklungsländer zu einer „entwicklungsfreien Zone“ geworden. Für eine Lösung müsse man erkennen, was das Problem verursacht habe, fuhr Gill fort.
Der Bericht zeigt die Differenzen vor Trumps Amtszeit zwischen den Zöllen, die die USA auf Importe erhoben hatten, und Zöllen auf US-Exporte in den betreffenden Ländern. Demnach seien in fast allen Staaten die Abgaben auf US-Waren höher als US-Zölle auf vergleichbare Importe anderer Länder.
Bereits bei Staaten mit hohen Einkommen wie in der EU oder Japan zeige sich die Differenz, und sie nehme zu, je wirtschaftsschwacher die Staaten werden. Mit der Analyse bekräftigt die Weltbank ein Hauptargument von Trump für seine Zollpolitik. Gill leitet daraus jedoch die Empfehlung ab, dass alle Länder ihre Zölle grundsätzlich verringern sollten, angefangen mit den G20-Staaten.
Derweil bleibt nur noch ein Monat, bis die von Trump angedrohten Zölle zwischen 10 und 50 Prozent auf nahezu alle Staaten weltweit eingesetzt werden sollen. Bis zum 9. Juli hatte Trump sie pausiert, damit Staaten der US-Regierung ihre Angebote vorlegen können. Einen Deal gab es bis jetzt aber nur mit Großbritannien. Am Dienstag wurde bekannt, dass sich Unterhändler aus China und den USA in London auf ein Rahmenabkommen geeinigt haben. Nun müssen Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping noch zustimmen.
Zollsystem Agoa in Gefahr
Entwicklungsländer dürften auf der Prioritätenliste von Trump allerdings weiter unten stehen – außer sie können Rohstoffdeals anbieten, wie es von Kongo zu hören ist. Das Land ist der weltweit größte Exporteur von Kobalt, das für Batterien benötigt wird. Ohnehin hatte Trump von seinen Zöllen über 1.000 Produkte ausgenommen, die für den US-amerikanischen Markt von strategischer Bedeutung sind, darunter vor allem kritische Rohstoffe und seltene Erden.
„Viele afrikanischen Länder sind besonders gefährdet, weil sie vom amerikanischen Markt für ihre Exporte abhängig sind“, sagte die kenianische Ökonomin Rose Ngugi auf einer Veranstaltung des Deutschen Instituts für Entwicklung und Nachhaltigkeit in Bonn (Idos) bereits im März.
Als besorgniserregend erachtet sie, dass die Zölle den African Growth and Opportunity Act (Agoa) aushebeln, mit dem besonders wirtschaftsschwache Entwicklungsländer zollfreien Zugang zum amerikanischen Markt bekommen, während sie selbst Zölle auf US-Exporte erheben dürfen, um ihre Industrien zu schützen. „Agoa läuft im September offiziell aus und müsste erneuert werden. Angesichts der US-Handelspolitik sieht es damit schlecht aus“, sagt Ngugi.
Auch die UN Entwicklungskonferenz UNCTAD übte vor Kurzem deutliche Kritik an Trumps Politik, die besonders ärmere Entwicklungsländer hart treffen würde. „Es sollte eine Priorität sein, die schwächsten Volkswirtschaften vor störenden hohen Zollbelastungen zu bewahren“, heißt es in einem Bericht von Ende Mai.
Exporteure von Konsumgütern besonders gefährdet
„Diese Länder tragen nur geringfügig zu den US-Zolleinnahmen und nur 0,3 Prozent zum US-Handelsdefizit bei.“ Für 22 Entwicklungsländer – darunter 7 der am wenigsten entwickelten Länder und 3 kleine Inselstaaten – betragen die Zölle mehr als 25 Prozent. Trump hatte die Zölle auf Grundlage des von ihm angenommenen Handelsdefizits der USA mit den verschiedenen Staaten berechnet.
Schlagzeilen machte im April das Zwei-Millionen-Einwohner-Land Lesotho, auf dessen Waren – hauptsächlich Kleidung und Diamanten – 50 Prozent Steuer im Hauptexportland USA drohen. Auch die Textilexporteure Kambodscha, Sri Lanka und Myanmar sollen mit 44 bis 49 Prozent Abgaben auf ihre Produkte besteuert werden. Waren aus Madagaskar sollen mit 47 Prozent Zoll belegt werden. In dem afrikanischen Inselstaat leben laut Weltbankdaten 70,7 Prozent der Menschen unter der Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag. Höhere Armutsraten haben nur Guinea und Südsudan.
Das Recht auf Zölle, um ihre eigenen Industrien zu schützen, haben Entwicklungsländer im neoliberalen Zeitalter hart erkämpft. Andererseits haben sie kaum Möglichkeiten, mehr Produkte aus den USA zu kaufen, um das Handelsdefizit zu verringern.
„Afrika sollte ebenfalls eine umfassende Überprüfung seiner Handelsabkommen machen“, schlägt Ngugi vor. Der Kontinent müsse mit einer Stimme sprechen und sich auf ein eigenes Angebot konzentrieren, zum Beispiel in der Energietransformation. Vor allem müsse er die Afrikanische Freihandelszone voranbringen und den regionalen Handel stärken sowie innerafrikanische Investitionskooperationen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!