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Trumps Zölle„Wir können unmöglich mit allen verhandeln“

Erstmals gesteht die US-Regierung ein, dass sie sich mit ihrer Zollpolitik wohl etwas verhoben hat. Nun verschickt sie Briefe an alle ihre Handelspartner.

Donald Trump probiert Weltwirtschaft Foto: Altaf Qadri/dpa

Washington D.C. taz | Die US-Regierung wird in den kommenden Wochen viele Handelspartner schriftlich darüber informieren, welche Auflagen und Zölle zukünftig auf sie zukommen werden, um Waren und Güter auf dem amerikanischen Markt zu platzieren. Dies verkündete Präsident Donald Trump am letzten Tag seiner Auslandsreise im Nahen Osten.

Es war das erste Mal, dass die US-amerikanische Regierung offiziell eingestanden hat, dass es schlichtweg nicht möglich sei, mit allen Ländern innerhalb der selbstgesetzten Frist neue Handelsabkommen abzuschließen.

„Es gibt 150 Länder, die ein Abkommen abschließen wollen. Doch es ist einfach nicht möglich, mit so vielen Ländern zu verhandeln“, sagte Trump während einer Wirtschaftsrunde in Abu Dhabi am Freitag.

Der US-Präsident erklärte, dass aus diesem Grund viele Länder innerhalb der nächsten drei Wochen ein Schreiben von Finanzminister Scott Bessent oder Wirtschaftsminister Howard Lutnick erhalten werden, um diese über die nächsten Schritte der US-Handelspolitik zu informieren.

„Scott und Howard werden Briefe verschicken, in denen sie den Ländern im Wesentlichen mitteilen werden, […] was sie zahlen müssen, um in den Vereinigten Staaten Geschäfte zu machen“, sagte Trump.

Was genau dies bedeuten wird und welche Länder davon betroffen sein werden, ließ Trump offen. Er erklärte nur, dass die US „sehr fair“ vorgehen würden. Die Handelspolitik der Trump-Regierung hat in den vergangenen Wochen und Monaten für viel Unruhe auf den globalen Wirtschaftsmärkten gesorgt. Wirtschaftsprognosen wurden nach unten angepasst und sogar eine globale Rezession wurde nicht ausgeschlossen.

Besonders die von Trump am 2. April angekündigten reziproken Zölle von bis zu 50 Prozent auf Importgüter aus mehr als 180 Ländern trugen hierzu bei. Nur eine Woche später wurden diese Zölle allerdings vorübergehend ausgesetzt. Eine 90-Tage-Pause bis 9. Juli sollte es den einzelnen Ländern ermöglichen, ein neues Handelsabkommen mit den USA zu vereinbaren, um diese Zölle zu umgehen. Ein Basiszoll von zehn Prozent, sowie produkt- und industriespezifische Zölle haben trotz der temporären Pause weiter Bestand.

Bislang gelang es Washington allerdings nur zwei Verträge abzuschließen. Beide Vereinbarungen, sowohl mit Großbritannien als auch China, sind jedoch keine umfangreichen Handelsabkommen, sondern lediglich erste kleine Schritte. In beiden Fällen einigten sich die Länder darauf, bestehende Zoll- und andere Handelsbarrieren abzubauen und vereinbarten weitere Gespräche. Das Ziel der USA ist es, das Handelsdefizit zu verringern.

Erst vergangene Woche erklärte Trump, dass vier bis fünf weitere Vereinbarungen kurz vor dem Abschluss stehen würden. Doch laut Berichten gestalten sich die Verhandlungen schwieriger als von der US-Regierung erwartet. Vor allem das Abkommen mit Großbritannien hat vielen Ländern verdeutlicht, dass die US-Regierung trotz Zugeständnissen an einem Basiszoll von zehn Prozent festhalten will.

Auch die Verhandlungen zwischen den USA und der EU blieben bislang noch ohne Ergebnis. Erst in dieser Woche soll die EU-Kommission laut Politico ein Schreiben aus Washington erhalten haben, in der die US-Regierung ihre Bereitschaft erklärt hat, die Handelsbeziehung mit der EU zu überarbeiten.

Es sei ein erstes positives Zeichen, nachdem in den bisherigen Gesprächen zwischen Brüssel und Washington kaum Fortschritte erzielt wurden. In der vorangegangenen Woche hatte die EU mit der Ankündigung von möglichen weiteren Gegenmaßnahmen den Druck auf die USA nochmals erhöht. Sollten die Verhandlungen ohne Erfolg bleiben, schlug die EU-Kommission Sonderzölle auf US-Importe mit einem Volumen von 95 Milliarden Euro vor.

„Die Zölle wirken sich bereits negativ auf die Weltwirtschaft aus. Die EU ist nach wie vor fest entschlossen, in den Verhandlungen mit den USA eine gemeinsame Lösung zu finden“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Das am Montag verkündete Abkommen zwischen den USA und China – den zwei größten Volkswirtschaften in der Welt – hat zu einem vorübergehenden Durchatmen an den Märkten geführt. Doch die Gefahr eines weiter eskalierenden Handelskonflikts zwischen den USA und seinen wichtigsten Handelspartnern, darunter die EU, ist noch immer nicht vom Tisch.

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1 Kommentar

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  • Warum dieses fortgesetzte Trump-Sanewashing?



    Trump behauptete schon, es gebe Verhandlungen mit mehr Staaten, als es auf der Erde gibt. Er behauptete auch, er verhandle mit China, während China das dementierte. Die "Abkommen" sind nicht ernster zu nehmen. "Erste Schritte" ist schon ein großer Euphemismus.



    Trump hat als erster gekniffen und einen Rückzieher gemacht. Und selbst der wird nichts nützen, denn die Zölle sind ja immer noch extrem hoch (Krugman: "a modest retreat from complete, destructive insanity to seriously harmful madness").



    Abgesehen davon: Worüber will er überhaupt verhandeln? Den USA mangelt es an einem sinnvollen Ziel.



    Und weshalb sollte man überhaupt ein Abkommen anstreben? Trump hat ja unter Beweis gestellt, dass er auf vertragliche Verpflichtungen pfeift. Die Verhandlungen kann man sich also auch schenken. Das weiß natürlich das diplomatische Korps überall auf der Welt.



    Die USA verhält sich derzeit wie ein tollwütiger Hund. Wenn man etwas tun kann, sie zu beruhigen, wird man das vielleicht versuchen. Aber auf eine Rückkehr zur Vertragstreue zu hoffen ist so aussichtsreich wie bei dem wildgewordenen Tier.