Dorothea Hahn über Donald Trumps erneute Kandidatur
: Flucht nach vorn

Dass Donald Trump zum dritten Mal für das Weiße Haus kandidiert, ist kein Scoop. Er versteht sich als den einen, unverzichtbaren Mann, der allein die USA retten kann. Dieser messianische Führungsanspruch wird verstärkt dadurch, dass er, da er inzwischen derart viele Ermittlungsverfahren am Hals hat – wegen Korruption, wegen Steuerbetrug und wegen Druck auf Wahlhelfer –, versucht, die Öffentlichkeit einer neuen Kampagne wie einen Schutzschild zu nutzen.

Trumps Kandidatur ist eine Flucht nach vorn. Historisch hat er seine Rolle in der Republikanischen Partei längst erfüllt. Er hat der Partei eine extrem konservative und langfristige Mehrheit am Obersten Gericht sowie zahlreiche junge, konservative Richter in allen Instanzen verschafft. Er hat die unternehmerfreundlichste Steuerreform seit Langem durchgeführt. Er hat das Umweltrecht ausgehöhlt, die fossilen Brennstoffe aufgewertet, die Klimapolitik um Jahre zurückgeworfen und dafür gesorgt, dass Abtreibungen in zahlreichen Bundesstaaten de facto verboten sind.

Unter Trump ist die ganze Republikanische Partei weit nach rechts gedriftet. Erst die Midterms haben die Parteispitze aufgerüttelt. Nachdem sie Trump jahrelang gefolgt ist – selbst in die düstersten Ecken seines Tuns, inklusive Lügen, die das Vertrauen in die Demokratie aushöhlen, und Aufrufe zum Putsch –, will die Parteispitze ihn und seine Nachahmer in der Partei jetzt so klein wie möglich halten.

Die Macht- und Generationenkämpfe in der Republikanischen Partei bedeuten nicht unbedingt ein Handicap für Trump. Er hat auch seinen ersten Wahlkampf anfangs gegen den Widerstand der alten Chefs in der Partei geführt. Aber für die Demokraten sind die Machtkämpfe bei der Konkurrenz ein Geschenk. Sie haben bei den Midterms zwar vermutlich das Repräsentantenhaus verloren. Aber sie konnten den Senat knapp halten. Jetzt hoffen sie darauf, dass die Republikaner, die unter Trump so einig geschlossen waren wie eine Armee, sich nach Trump auf dem Trümmerhaufen, den er hinterlässt, verlieren.

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