Klage gegen renommierten US-Sender: Wenn Medien zum Risikogeschäft werden
US-Medien stehen immer mehr unter Druck, vor allem, wenn sie kritisch berichten. Jetzt trifft es die preisgekrönte CBS-Sendung „60 Minutes“.

Grund dafür ist der Verkauf von Paramount, dem CBS gehört. In der Sendung vom 27. April erklärte der „60 Minutes“-Korrespondent Scott Pelley seinen sieben Millionen Zuschauer*innen: „Unsere Muttergesellschaft Paramount versucht, eine Fusion abzuschließen. Die Trump-Regierung muss diese genehmigen. Paramount hat begonnen, unsere Inhalte auf neue Weise zu beaufsichtigen.“
Der Chef von „60 Minutes“, Bill Owens, hat deshalb im April nach 37 Jahren bei CBS gekündigt. Er könne unabhängige Entscheidungen nicht mehr treffen, sagte er. Der Fall von Paramount und CBS steht exemplarisch für den Druck auf Medien in den USA unter Trump. Früher schmückten Großkonzerne ihre Portfolios mit prestigeträchtigen Medien.
Heute sind sie zum politischen Risiko geworden, da kritische Berichte andere Geschäftsinteressen gefährden können. Paramount – ein Hollywooder Traditionsstudio, das in der Streaming-Ära bislang nur schwer mithalten konnte – soll von Skydance Media übernommen werden.
Trump fordert 10 Milliarden Dollar Schadenersatz
Führungskräfte bei Paramount glauben, dass Trump den Deal torpedieren könnte, wenn das Unternehmen in einem anderen Verfahren nicht einknickt. Trump hat CBS verklagt: Er behauptet, dass „60 Minutes“ ein Interview mit seiner Konkurrentin um das Weiße Haus, Kamala Harris, im Wahlkampf so geschnitten habe, dass ihre Antworten kohärenter klingen würden.
An Trumps Behauptung ist wenig dran, doch auch nach seinem Wahlsieg klammert er daran fest: Er will 10 Milliarden Dollar Schadenersatz und fordert, dass CBS die Senderlizenz entzogen wird. Inzwischen hat er einen Vertrauten, Brendan Carr, zum Chef der Federal Communications Commission (FCC) ernannt, die der Übernahme von Paramount zustimmen muss.
Auch andere Medien geraten ins Visier. Im Dezember feierte Trump einen außergerichtlichen Sieg gegen den Sender ABC, der Disney gehört. ABC muss 15 Millionen Dollar an ein künftiges Trump-Museum samt Stiftung zahlen und seine Anwaltskosten in Höhe von einer Million Dollar übernehmen.
Keinen Mut für Rechtsstreit
Auslöser war die Aussage eines Moderators, dass ein Gericht in Manhattan Trump wegen Vergewaltigung für schuldig befunden habe (richtig ist: wegen sexuellen Missbrauchs und Diffamierung). Einen Rechtsstreit wollte der Sender nicht wagen, obwohl ABC aus Sicht einiger Rechtsexperten vor Gericht hätte weiterkämpfen können.
Die FCC unter Brendan Carr ermittelt nun gegen NBC News und MSNBC, die dem Telekommunikationsriesen Comcast gehören, offiziell wegen internen Maßnahmen, um Vielfalt und Inklusion zu fördern. Auch das dürfte politisch motiviert sein: Im Wahlkampf warf Trump Comcast „Landesverrat“ vor, die Berichterstattung von NBC und MSNBC seien „einseitig und boshaft“.
Das Ergebnis: Comcast kündigte im November an, beide Nachrichtensender abgeben zu wollen, an ein dafür neu gegründetes, börsennotiertes Unternehmen. Auch Warner Brothers Discovery will sein Streaming-Geschäft von anderen Medienorganisationen im Portfolio wie CNN trennen.
Jeff Bezos’ Amazon hat aktuell nur eine politische Sendung in der Mache: eine Doku über Melania Trump, die 40 Millionen Dollar kosten soll. Und mit Bezos als Eigentümer nimmt die renommierte Washington Post einen immer unkritischeren, Trump-freundlicheren Kurs an.
Im Mai berichtete der Journalist Michael Wolff im New York Magazine, dass Trumps Team Warner Brothers in Bezug auf Melanias Amazon-Doku nahegelegt hat, dass seinem Sohn, Donald Junior, eine eigene Jagd- und Angelsendung im Discovery Channel gefallen würde – und dass man sich so in die Gunst des Präsidenten schleimen könnte.
Doch wie der Economist Anfang Mai treffend schrieb: „Selbst wenn Medienunternehmen ihre Nachrichtenredaktionen abstoßen, ist das keine Garantie dafür, dass sie sich der Aufmerksamkeit von Mr. Trump entziehen können.“
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