Trotz zahlreicher Störfälle: Spanien verlängert AKW-Laufzeit
Spanien verschiebt die Laufzeit von zwei Nuklearreaktoren in Almaraz in der Provinz Cáceres nach hinten – fast ohne öffentliche Diskussion.
„Wir werden in eine völlig unsichere und gefährliche Betriebsphase eintreten“, beschwert sich dagegen die Energieexpertin der spanischen Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción, eine der wichtigsten Gruppen im Iberischen Antinuklearen Bündnis (MIA). Almaraz besteht aus zwei Druckwasserreaktoren der Marke Westinghouse, die 1981 und 1983 ans Netz gingen. Das Kraftwerk gehört den drei wichtigsten Energieversorgern des Landes, Endesa, Iberdola und Naturgy.
Eigentlich sind AKWs für eine Laufzeit von 30, allerhöchstens 40 Jahre gebaut worden. 2028 wäre Almaraz I genau 47 Jahre und Almaraz II 45 Jahre am Netz. „Für die Atomindustrie ist es natürlich lukrativ. Ein abgeschriebener Reaktor bringt viel höhere Gewinne“, fügt Rois hinzu. Deshalb würden die Betreiber Druck auf die Regierung in Madrid ausüben, damit Almaraz nicht noch in diesem Jahr abgeschaltet wird.
Die beiden Reaktoren in der Region Extremadura machen immer wieder durch Störfälle von sich Reden. 100 Mal mussten die Betreiber Unfallberichte an den CSN schicken. In den letzten zehn Jahren gab es drei Störfälle am Kühlsystem, die Notabschaltungen zur Folge hatte. Die Anti-AKW-Bewegung beschwerte sich immer wieder, dass Störfälle vertuscht werden sollten. Die Auswirkungen der entwichenen Radioaktivität auf die Bevölkerung in den umliegenden Orten wurde nie ordentlich untersucht.
Beschwerde der Portugiesen gefordert
Die Anti-AKW-Bewegung im benachbarten Portugal forderte die Regierung des Sozialisten Antonio Costa in Lissabon auf, ganz offiziell bei den Spaniern Beschwerde gegen die Laufzeitverlängerung einzulegen.
Das wäre nicht das erste Mal. 2017 gelang es der Regierung Costa den Bau eines Zwischenlagers für die verbrauchten Brennelemente auf dem Gelände von Almaraz vorübergehend zu stoppen. Mittlerweile wurde es allerdings fertiggestellt und soll jetzt sogar noch ausgebaut werden, damit es dem Atommüll aufnehmen kann, der bis 2028 anfällt.
Sollte es im AKW oder im Zwischenlager zu einem größeren Störfall kommen, droht die Verseuchung des Tajos, des wichtigsten Flusses Portugals. Dieser kommt ohnehin schon stark verschmutzt und mit geringer Durchflussmenge aus Spanien an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour