piwik no script img

Trotz Risiken für JahreswirtschaftsberichtMichael Glos macht in Optimismus

Das Auf und Ab an den Finanzmärkten sei kein Grund zur Beunruhigung, sagt der Bundeswirtschaftsminister. Dabei muss er im Jahreswirtschaftsbericht 2008 die Wachstumsprognosen zurückschrauben.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos gestikuliert am 23. Januar beim Vorstellen des Jahreswirtschaftsbericht 2008. Bild: ap

Kann man angesichts des aktuellen Aufruhrs der Aktienmärkte und der realen Rezessionsängste in den USA noch ganz gelassen sein? Man kann, behauptet Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). Während die internationale Wirtschaftselite und Regierungsvertreter aller möglichen Nationen das Weltwirtschaftsforum in Davos nutzen, um über mögliche Maßnahmen gegen die Marktturbulenzen und Rezessionsängste zu beraten, gab es für ihn am Mittwoch nur Business as usual: Er stellte den Jahreswirtschaftsbericht 2008 der Bundesregierung vor - und warnte dabei vor "einer Überbewertung der Korrektur", die derzeit an den internationalen Finanzmärkten stattfinde.

Es gebe "keinen Grund zur Panik", sagte der Minister. Im Bericht, der bereits vor dem Börsenabsturz fertig gestellt worden war, heißt es: "Deutschland ist auf gutem Kurs: mit einem Aufschwung für alle, mit einer Rekordbeschäftigung und mit einem ausgeglichenen Staatshaushalt." Gleichwohl prognostizierte Glos der Wirtschaft in Deutschland 2008 nur noch ein Wachstum von 1,7 Prozent. Bis dato hatte er 2 Prozent erwartet.

Konkret gehen Glos Experten davon aus, dass die offizielle Arbeitslosigkeit im laufenden Jahr weiter sinken wird. Im Jahresdurchschnitt sagen sie eine Quote von 8,2 Prozent voraus. 2007 hatte sie rund 9 Prozent betragen. Unter anderem deshalb soll der private Konsum zum "neuen Wachstumstreiber" werden und um 1,1 Prozent zulegen. Das ist auch bitter nötig, denn der bisherige Motor, das Exportwachstum, dürfte sich weiter abschwächen. Nach 12,5 Prozent im Jahr 2006 und 8,3 Prozent im Jahr 2007 rechnen die Experten für 2008 nur noch mit einem Zuwachs von 5,8 Prozent.

Wer weiter in den Bericht hineinblättert, wird allerdings feststellen, dass die Autoren sehr viel unsicherer in ihren Prognosen sind, als die Vorstellung von Glos glauben machen konnte. Tatsächlich räumen sie eine Reihe von Risiken ein, darunter auch die Hypothekenkrise in den USA. "Turbulenzen an den Finanzmärkten könnten sich in einer stärkeren Abschwächung der Weltkonjunktur niederschlagen", schreiben sie. Auch eine höhere Inflation könne die Binnenwirtschaft und vor allem den privaten Konsum dämpfen. Mit dem neuen Wachstumstreiber würde es dann wieder nichts. Ein Konjunkturprogramm erwäge die Bundesregierung aber nicht, sagte Glos auf Nachfrage.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Herbert Schui, kritisierte den Bericht als "Dokument hohler Zuversicht. Die Zahlen zeigen: Das gute Wachstum der letzten beiden Jahre war ein Ausreißer, mehr nicht." Auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Fritz Kuhn meinte: "Dem Märchen von Bundesminister Glos, wonach der private Konsum um 3,1 Prozent wachsen wird, glaubt niemand. Alles wird teurer, und die Leute werden vorsichtiger."

Thema Nummer eins in Davos - wo die deutsche Politik nur durch Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach vertreten ist - ist, wie eine aktive Politik aussieht, die die Auswirkungen der US-Krise beherrschbar machen würde. "Wonach die Märkte verzweifelt suchen, ist Führung", sagte John Studzinski von der Finanzfirma Blackstone. Umstritten ist jedoch, ob die US-Notenbank Fed dabei wie in früheren Krisen tatsächlich einen führenden Part übernehmen kann - oder sollte. Am Dienstag hatte sie mit einer überraschenden Zinssenkung den rasanten Absturz der Börsen kurzfristig unterbrochen. Allerdings glauben viele Experten auch, dass erst die sehr aktive Zinspolitik der Fed zu der Hypothekenblase geführt hat, deren Platzen der Grund für die aktuelle Krise ist. Am Mittwoch jedenfalls sackten die Kurse vielerorts denn auch schon wieder weiter ab.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!