Trotz Regierungsumbildung: Noch keine Entwarnung in Athen
Trotz einer Umbildung der griechischen Regierung stehen dem Kabinett von Kostas Karamanlis wirtschaftlich harte Zeiten bevor. Eine mysteriöse Terrorgruppe ist aufgetaucht.
BERLIN taz Die Regierungsumbildung, die Griechenlands Ministerpräsident Kostas Karamanlis am letzten Donnerstag verkündet hat, könnte der regierenden Nea Dimokratia eine Atempause verschafft haben. Doch nicht für lange. Zwar zeigen Umfragen, dass der Popularitätsvorsprung der Oppositionspartei Pasok geschrumpft ist, was regierungsnahe Zeitungen als positive Reaktion auf die Ablösung des Wirtschafts- und Finanzministers Alogoskoufis werten, doch gerade auf ökonomischem Gebiet stehen der Regierung Karamanlis harte Zeiten bevor.
Der neue Wirtschaftsminister Yannis Papathanassiou rechnet im Lauf 2009 mit einer halben Million Arbeitslosen. Und die EU-Prognosen, die nächste Woche in Brüssel für die ökonomische Entwicklung Griechenlands veröffentlich werden, könnten das Klima weiter eintrüben. Bei anhaltender Rezession in allen EU-Ländern befürchtet man in Athen einen Einbruch im Tourismussektor, der für die Beschäftigung besonders wichtig ist. Angesichts dieser ökonomischen Aussichten muss die Regierung mit weiteren sozialen Unruhen und einer verstärkten Mobilisierung der Gewerkschaften rechnen. Auch die Proteste der Schüler und Studenten werden weitergehen - allerdings nicht unbedingt als Straßenkämpfe.
Zwei der drei Demonstrationen, die am letzten Freitag stattfanden, verliefen relativ friedlich. Allerdings kam es bei der großen Studentendemo gegen die "Bildungsreform" der Regierung erneut zu Ausschreitungen. Die Polizei setzte Tränengas ein und nahm 30 Personen fest - darunter auch Rechtsanwälte.
Ob sich damit eine neue Polizeitaktik ankündigt, bleibt abzuwarten. Ministerpräsident Karamanlis hat eine härtere Linie angekündigt. Aber die Schüler und Studenten wollen dem zuvorkommen, indem sie ihre Aktionen stärker gegen jene "Vermummten" abschotten, die sie zunehmend als unerwünschte Trittbrettfahrer sehen. Damit reagieren sie auch auf einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung und den Medien, die spätestens seit den Schüssen auf den 21-jährigen Polizeibeamten Diamantis Mandsounis mehr Verständnis für die Polizei zeigen.
Der Vorfall vom 5. Januar hat ein weiteres Thema wieder aktualisiert. Die Schüsse kamen aus einer Kalaschnikow, die schon Ende Dezember einen Polizeibus beschossen hatte. Zu dieser Attacke hat sich eine bis dato unbekannte Gruppe namens "Volkskampf" bekannt. Die Aktion wie die Verlautbarung lösten in der griechischen Öffentlichkeit die Angst vor einem Wiederaufleben der "terroristischen Gefahr" aus, die man in Athen mit der Verurteilung der "Revolutionären Organisation 17. Dezember" für beendet glaubte. Diese Gruppe hatte zwischen 1975 und 2000 über hundert Attentate begangen und 23 Menschen ermordet. Die Köpfe der Gruppe waren im Dezember 2004 zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Allerdings war die Polizei ihnen nur durch Zufall auf die Spur gekommen.
Ob die Antiterrorabteilung dieses Mal mehr Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Medien spekulieren, dass die Existenz einer "terroristischen Gruppe" im Interesse einer Regierung liegen könnte, wenn sie angesichts sozialer Unruhen einen härteren innenpolitischen Kurs planen sollte.
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