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Trojaner gegen deutsche Behörden"Zunehmend ernste Gefährdung"

Immer mehr Email-basierte Angriffe auf Firmen und Behörden machen dem Verfassungsschutz zu schaffen. Trojaner sind das Mittel der Wahl, um zu spionieren.

Hüte Dich vor Geschenken! Bild: chriskuddl | zweisam / photocase.com

BERLIN taz | Virenschutzprogramme und Firewalls können nichts gegen sie ausrichten: Die Zahl der Softwareangriffe auf Rechner in deutschen Ministerien und anderen Behörden hat laut Bundesamt für Verfassungsschutz stark zugenommen. Ziel sei es, Informationen aus Politik, Wirtschaft, Technik und Militär abzuschöpfen. Das berichtete eine Verfassungsschutz-Sprecherin am Montag der taz.

Die Spionageabwehr zählte in den ersten neun Monaten dieses Jahres 1.600 Angriffe auf Rechner in Bundesministerien und Behörden. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 900 Attacken. Bereits seit 2005 beobachten die Verfassungsschützer eine Zunahme der Ausspähungen.

Die zuständigen Stellen zeigen sich besorgt: "Sowohl die allgemeine Bedrohungssituation als auch die konkrete Gefährdungssituation wird als zunehmend ernst eingestuft", sagte die Sprecherin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Svenja Schiffer, der taz. Die Angriffswellen seien unterschiedlich heftig.

"Neue Angriffsverfahren, neue Detektionsmethoden sowie eine kaum fassbare Dunkelziffer" erschwerten "konkrete Angaben und Trendaussagen", sagte die BSI-Sprecherin. Trotzdem resümierte die Behörde, die für die technische Erfassung der Angriffe zuständig ist, es gebe eine "kontinuierliche Gefährdungszunahme".

Doch wer steckt dahinter? Eine Sprecherin des Verfassungsschutzes wollte am Montag nur die Zunahme der Attacken bestätigen. Jedoch weist die Behörde mit Sitz in Köln seit Jahren auf eine stetig zunehmende elektronische Spionage vor allem von Nachrichtendiensten aus China und Russland hin.

Ziel der Attacken auf Computersysteme sind Regierungsstellen und Behörden, aber auch Forschungsinstitutionen oder Hightech-Unternehmen. "Zu einer besonderen Gefahr haben sich die E-Mail-basierten elektronischen Angriffe auf Netzwerke von Behörden und Unternehmen entwickelt", warnt eine Publikation des Verfassungsschutzes.

Trojaner installieren sich

Konkret gingen die Angreifer folgendermaßen vor: "Trojanische Pferde installieren sich heimlich und bringen einen einzelnen Rechner unter die Kontrolle eines Angreifers", sagte BSI-Sprecherin Schiffer. "Sie sind das wichtigste Werkzeug, um Passwörter zu stehlen oder ein Opfer gezielt auszuspionieren."

Wirtschaftliches Fachwissen will EU-Industriekommissar Antonio Tajani durch eine neue europäische Behörde schützen. Diese solle den Verkauf von Schlüsseltechnologien ins Ausland kontrollieren.

Damit könne sich Europa insbesondere gegen chinesische Firmen schützen, die gezielt Unternehmen in Europa übernehmen, um an moderne Technologie zu kommen, sagte Tajani dem Handelsblatt. Hinter vielen Übernahmen stehe "eine politische Strategie" Chinas oder arabischer Staaten, "auf die Europa auch politisch antworten muss".

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6 Kommentare

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  • H
    Hraun

    Aber wie viele amerikanische oder europäische Geheimdienste greifen deren System an?

    Ich glaube, dass ist alles das Gleiche.

    Die deutschen Behörden wollen ja vor allem Geld sparen, das rächt sich eben immer wieder.

  • P
    Pinguin

    "Wirtschaftliches Fachwissen will EU-Industriekommissar Antonio Tajani durch eine neue europäische Behörde schützen. Diese solle den Verkauf von Schlüsseltechnologien ins Ausland kontrollieren."

     

    Wo kriegt man eigentlich so blöde Ideen her? Die wesentlichen Schlüsseltechnologien sind doch frei verfügbar! Das Problem ist vielmehr der Standard-Microsoft-Benutzer, der konditioniert ist auf jeden Knopf zu drücken, der auf dem Bildschirm erscheint.

     

    Ein gut administriertes Linux-Betriebssystem auf jedem Behördenrechner würde sicher mehr Abhilfe bringen und viele Kosten aufgrund wegfallender Lizenzgebühren sparen.

  • J
    jojo

    ...und der neue Perso ist sicher!

    Ha ha ha

    Selten so gelacht.

  • HS
    Hans Stoffel

    Richtig, wenn auch noch Chinesen und Araber mitbieten wird der Ausverkauf europäischer Spitzentechnologie an unsere amerikanischen "Freunde" zu kostspielig für die - da müssen wir unbedingt den Wettbewerb einschränken, damit amerikanische Heuschrecken weiter europäische Unternehmen zum Spottpreis abgreifen können.

     

    Aber was hat das mit "Email-basierten Angriffen auf Firmen und Behörden" zu tun? Vielleicht die Erkenntnis, das man Firmen garnicht mehr kaufen muss, um das Know-How abzugreifen? Und deshalb "Verkaufbeschränkungen" ziemlich sinnlos sind? Dann hätte man den Artikel sinnvollerweise umgekehrt aufbauen müssen.

     

    Und wie viele von diesen Angriffen sind eigentlich tatsächlich zielgerichtete Angriffe gegen die jeweilige Behörde - und wie viel davon sind nur die 08/15-Müll aus dem Netz, dem jeder Internetnutzer ausgesetzt ist und der bei Nutzern eigentlich keinen Schaden anrichtet, sobald diese kapiert haben, das man nicht jede exe-Datei gleich ausführen muss, die als Emailanhang einschwebt?

     

    Es grüßt Euch: Stoffel

  • K
    KFR

    Woher diese Einsicht ?? wo Leute mit IE6 arbeiten, google als Startseite verwenden und alles brav mit word in die Cloud ablegen, wo die Rolläden, Beleuchtung, Lüftung mit Siemens Simatic ( Stux ) ferngesteuert werden ?? ... und immer schön das PW an den Monitor kleben, erleichtert der Putzfrau die Arbeit oder lieber gleich "12345678" verwenden, das hat sich als Standard zweckmässig erwiesen.liebe Beamte !!

  • AN
    Arno Nym

    Monokulturen sind anfällig für Schädlinge. Das kann einem jeder moderne Landwirt bestätigen. Wir sprühen also Virenkiller in unsere Firmennetzwerke und hoffen...

     

    Wenn alle das gleiche Betriebssystem vom gleichen Hersteller einsetzen und das auch noch überwiegend in der gleichen Version, dann sind Angriffe leichter, wie wenn jede Verwaltung ein System ihrer Wahl hat.

     

    "Linux für alle" ist also keine Lösung. Dennoch wäre es eher eine Lösung für Behörden, denn Linux kann durch Profis an die Bedürfnisse angepasst werden - man könnte es zum Beispiel so umändern, dass nur bestimmte Programme überhaupt gestartet werden können.

     

    Alle haben diffuse Angst vor Kinderschändern und Terroristen, vertrauen sich aber Google, Facebook und Microsoft an, als wären diese die fürsorglichsten und liebsten Firmen der Welt.