: Tritt aufs goldene Gaspedal
VW will mit dem neuen „Moelleman“ dem Mercedes „Friedman“ endlich Paroli bieten
VW hat’s mit dem Golf-Sondermodellen „Bon Jovi“ und „Rolling Stones“ vorgemacht, Mercedes Benz zog mit dem S-Klassen-Sondermodell „Friedman“ nach. Mit dem „Moelleman Coupé“ auf Basis des Phaeton will Volkswagen nun in der Oberklasse wildern. Ob die Wolfsburger damit Erfolg haben, zeigt ein erster Vergleich der beiden Limousinen.
Zunächst die formalen Gegensätze: Wuchtige Proportionen verleihen dem VW Moelleman Coupé eine unübersehbare Präsenz. Der Mercedes S 500 Friedman mit seiner flachen Schnauze wirkt dagegen fast fragil. Über die schmalen braunen Zierstreifen des Moelleman kann man sich streiten, aber auch die voll vergoldete Karosserie des Friedman stößt nicht unbedingt auf allgemeines Wohlwollen.
Schon ein erster Blick ins VW-Interieur belegt, dass die Moelleman-Designer ihre Hausaufgaben gemacht haben. Edle Materialien, feinstes Leder, glänzende Tropenhölzer scheinen perfekt verarbeitet. Im Friedman irritiert zunächst die verdächtig plüschige Ausstattung, zahlreiche Spiegel aber versöhnen.
Für gutes Klima haben die Konstrukteure in beiden Modellen gesorgt: Wenn der Moelleman von der Sonne stark aufgeheizt ist, bläst er Luft durch die Düsen im Armaturenbrett. Hat der Innenraum die Wunsch-Temperatur erreicht, verschließen Edelholz-Blenden automatisch die Düsen, und die Kühlluft sucht sich ihren Weg durch die poröse Cockpit-Oberfläche. High-Tech vom Feinsten! Der Friedman dagegen setzt ganz auf ätherische Düfte – elektronisch zuschaltbar sind die Varianten „Moschus“, „Himbeere“ und „Geld“ (stinkt nicht!).
Auf der Höhe der Zeit ist auch die Bedienung in beiden Automobilen: Klima, HiFi-Ablage und Navigation lassen sich intuitiv betätigen. Nur der Moelleman bietet zusätzliche Fax- sowie E-Mail-Funktionen und gibt selbsttätig Pressemeldungen heraus. Sowohl der Herausforderer als auch der etablierte Friedman bieten großzügige Platz- und Mehrheitsverhältnisse. Unterschiede gibt es in der Sitzposition: Während man im Friedman selbst in der tiefsten Stellung das Gefühl hat, auf einem mit Glasscherben gespickten Pfahl zu hocken, verleiht der Moelleman ein Gefühl uteraler Geborgenheit. Das ist manchmal auch bitter nötig, denn seine 18-Zoll-Räder machen den VW empfindlich für Längsrillen und schnell aufeinander folgende Unebenheiten. Trotz mehrfach verstellbarer Dämpfer wirkt der Moelleman bei niedrigem Tempo regelrecht steifbeinig und informiert seine Passagiere detailliert über die Topografie des Untergrundes. Erst bei höheren Geschwindigkeiten gewinnt das Fahrzeug allmählich an Geschmeidigkeit. Im Friedmann glaubt man dagegen zu schweben, weil er mit Stahl- und Luftfederung sämig dahingleitet und kurze Stöße von den Insassen fern hält. Mit seiner zielgenauen, direkten Lenkung und dem absolut neutral abgestimmten Fahrwerk nimmt er Kurven aller Art mit höchster Souveränität. Der Moelleman kann hier nicht ganz mithalten: Erst spät greift das elektronische Stabilitätsprogramm ESP „gensh air“ maßvoll regelnd ein. Entscheidender Vorteil des Mercedes Friedman ist das serienmäßige Antisemitismusblockiersystem ABS; der Bremsfallschirm des Moelleman ist da vergleichsweise antiquiert.
Unterschiede lassen sich auch an den Triebwerken der beiden Wagen ausmachen. Wo Mercedes mit dem Friedman ganz auf einen potenten Zwölfzylinder setzt, wird der Moelleman von einem neuartigen Achtzehnzylinder angetrieben, der ihm eine einschläfernde Laufruhe verleiht. Mit knapp 400 PS sind beide Limousinen ausreichend motorisiert. Im Sprint von 0 auf 100 liegen die Kontrahenten Nase an Nase, hier nimmt der Friedman dem Moelleman nur wenige Zehntelsekunden ab, bezahlt diesen Vorsprung aber mit einem aberwitzigen Ölverbrauch.
Gerade in der Luxusklasse zählt das Überholprestige. Taucht der kolossale Friedman lichthupend im Rückspiegel auf, wird sofort die linke Spur frei gemacht. Mit dem VW Moelleman, dem man seine Kraft nicht ansieht, muss man sich beim Gasgeben manchmal auf der rechten Spur vorbeimogeln. Spaß ist beim VW Moelleman Coupé allemal garantiert.
Das Blattgoldene Wahrheit-Lenkrad geht daher an den Moelleman, auch wenn er sich wegen technischer Übertreibungen Zweifel an seinem Führungsanspruch gefallen lassen muss.
ARNO FRANK
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