Tribute-Album für britische Pop-Ikone: Bowies Soul

Auf dem Album „Modern Love“ interpretieren junge Künst­le­r:in­nen Songs von David Bowie. Dabei konzentrieren sie sich auf dessen Faible für Black Music.

Porträt von David Bowie in weißem Hemd mit dunkler Weste

Hatte ein Faible für Soul, Funk und Jazz. Bowie als „Thin white Duke“ um 1976 ​ Foto: Imago

Als vergangenen Januar zu David Bowies Geburtstag plötzlich eine Coverversion von „Space Oddity“ durchs Netz geisterte, aufgenommen vom kalifornischen Trio We Are KING, ließ das aufhorchen – ein Interesse, das zumindest ich angesichts der zahllosen Resterampe-Verwertungen in den Jahren seit seinem Ableben sonst kaum mehr aufbringen mochte.

Die Neugier war zwar nicht dieser Interpretation geschuldet, die, angesiedelt zwischen Dreampop und Synthiesoul, allenfalls mäßig originell klang. Sondern dem Umstand, dass sie Vorbote eines Tribute-Samplers mit vielversprechendem Fokus war, der jetzt auch auf Tonträger erschienen ist. Um die Verbindung zwischen Bowie und Black Music – R&B, Jazz, Funk, Soul und Gospel – sollte es beim Album „Modern Love“ gehen, auf die Beine gestellt von DJ und Musikmanager Drew McFadden und Peter Adarkwah von BBE Music, anlässlich des 25. Labelgeburtstags.

Die Zeit sei reif, diesen Aspekt auszuleuchten, denn – so sahen es die Ini­tia­to­ren – die Verbindung zwischen Bowie und schwarzer Musik „sei nie richtig erforscht worden“. Nun ja, ein Geheimnis war dessen Faible für Soul, Funk und Jazz eigentlich nicht, vielmehr war sie roter Faden seines Schaffens – von der Blue-Eyed-Soul-Phase der mittleren 1970er Jahre bis zum letzten Album „Black Star“, dem jazzigen Requiem, das er sich selbst komponiert hatte. Anders als viele seiner musikschaffenden (weißen) Zeitgenoss:innen, legte Bowie freimütig offen, was ihn beeinflusst hatte.

Den Respekt, den er der schwarzen Musikkultur entgegenbrachte, bekam er stets zurück

Der afroamerikanische Popkritiker Greg Tate konstatierte in seinem Nachruf „Brother from Another Planet – Bowie and Black Music“, der britische Popstar habe durchaus verstanden, dass er als „ride-or-die black-and-blue-eyed soul man“ auch den eigenen Vorteil ausblenden müsse, wenn es der kulturellen Gerechtigkeit dient. Zu dieser Einschätzung kam Tate unter anderem deshalb, weil Bowie bereits 1983, als Vielfalt in den Medien kaum auf der Agenda stand, in einem Interview mit MTV den Spieß umgedreht und VJ Mark Goodman offensiv mit der Frage gegrillt hatte, warum der Clip-Sender kaum schwarze Künst­le­r*in­nen im Programm habe.

Wechselseitiger Respekt

Das muntere Adaptieren höchst unterschiedlicher Einflüsse, wie ­Bowie es betrieb, würde heute sicherlich Diskussionen um kulturelle Aneignung auslösen, doch rückblickend lässt sich sagen: Den Respekt, den der Brite der schwarzen Musikkultur entgegenbrachte, bekam er stets zurück. Wie stimmig der konzeptuelle Rahmen dieses Tribute-Samplers ist, mag letztlich zweitrangig sein – lieber soll die Musik sprechen, stammt sie doch von vielversprechenden Künst­le­r*in­nen wie Helado Negro, Khruangbin, Kit Sebastian, Eddie Chacon und John Carroll Kirby.

Various Artists: „ Modern Love – A David Bowie Tribute Album“ (BBE/Rough Trade)

Die Songs allerdings flüstern eher! Es überrascht, wie sanft, entschleunigt, teils gedämpft viele Stücke wirken. Überbordende Momente finden sich nur selten. Das Transgressive, Doppelbödige – nicht zuletzt dafür wurde Bowie schließlich bewundert – findet sich in den Coverversionen, die ja immer zugleich Selbstverortung der Fans sind, kaum wieder.

Am konsequentesten zerlegt Matthew Tavares seine Vorlage – vormals Teil der Jazz-HipHop-Combo BadBadNotGood, ist er mittlerweile solo unterwegs: Bowies hymnenhafte „Heroes“ macht er über fast neun Minuten zum mäandernden Jazzspaziergang mit Klavier, Saxofon und viel Luft zum Atmen.

Luftiger Balanceakt

Die Interpretation sticht heraus aus dem sonst eher fluffigen Sound der Zusammenstellung. Das texanische Trio Khruangbin lässt seine Version von „Right“ – im Original für Bowie-Verhältnisse erstaunlich ungebrochen soulful – zwischen Funk und Psychedelik oszillieren. Dieser luftige Balanceakt, fast schon ein Markenzeichen der drei Künstler:innen, funktioniert bestens.

Der hierzulande wenig bekannte Brasilianer Sessa dagegen lässt „Panic in Detroit“ aus Bowies späten Glam-Tagen als akustische Bossa-Nova-Interpretation dahinsegeln. Und der ugandische Sänger Jonah Mutono verpasst dem energetischen Titeltrack „Modern Love“ ein Makeover als geschmeidiger, aber leicht weirder Popsong.

Andere Versionen wirken weniger inspiriert und klingen nach Füllmaterial; etwas zu gimmickhaft etwa klingt Bullions Version von „Where Are We Now“. Alles in allem bietet „Modern Love“ keine neue Sicht auf Bowie, was auch zu viel verlangt wäre – aber die Musik vermag es herauszustellen, was Bowie den nachgeborenen Generationen bedeutet. Immerhin sind teils sehr hübsche Coverversionen enthalten, von denen viele origineller wirken als die zahllosen Easy-Listining-Adaptionen von Popklassikern, wie sie einem dieser Tage vielerorts entgegenschallen.

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