Triathleten über ihren Sport: „Wir trainieren 365 Tage im Jahr“
Andreas und Michael Raelert starten am Samstag bei der Ironman-WM. Ein Gespräch über ihre Motivation, ihre Chancen und ihren Trainingsaufwand.
taz: Herr Raelert und Herr Raelert, bisher haben Sie sich immer gegenseitig bei den Rennen gecoacht, weil Michael auf der Mittel- und Andreas auf der Langdistanz angetreten ist. Nun starten Sie vermehrt bei den gleichen Rennen. Ist das eine starke Umgewöhnung?
Andreas Raelert: Wir treten auf Hawaii erstmals miteinander an. Bei allen anderen Wettkämpfen und Veranstaltungen werden wir es aber weiter so gestalten wie in den letzten Jahren auch. Unsere zukünftige Rennplanung stimmen wir wieder individuell ab – wir werden uns bei den unterschiedlichen Rennen weiterhin gegenseitig unterstützen.
Andreas, Sie sind Weltrekordhalter über die Langdistanz, die auch beim Ironman in Hawaii absolviert wird. Im Vorjahr waren Sie dort Dritter. Sind Sie der Favorit am Samstag?
Andreas: Nein. Jeder der fünfzig, die hier antreten, hat eine Chance auf den Sieg. Wir träumen natürlich davon, dass auf der Siegerliste ganz oben der Name Raelert steht – welcher Vorname dann aber dahintersteht, ist egal.
Wie viel Training erfordert der Ironman?
Michael Raelert: Wir trainieren an 365 Tagen im Jahr – trainingsfreie Tage gibt es nicht. In der gezielten Vorbereitung für Hawaii haben wir dreimal täglich trainiert. Pro Woche kommen in der direkten Vorbereitungsphase etwa 30 Kilometer Schwimmen, 700 Kilometer Radfahren und 150 Kilometer zusammen.
Andreas, geboren 1976 in Rostock, ist Weltrekordhalter über die Ironman-Distanz mit einer Zeit von 7:41:33 Stunden. 2010 wurde er in Hawaii Zweiter, 2009 und 2011 jeweils Dritter. Je einmal gewann Raelert die EM über die Mittel- und die Ironman-Distanz.
Michael, geboren 1980 in Rostock, war bisher vor allem auf die kürzere Disziplin 70.3-Ironman spezialisiert. Hier wurde er Weltmeister 2009 und 2010 sowie Europameister 2010 und 2012.
Was gibt es denn noch außer Training in den Wochen vorher?
Andreas: Einen leckeren Kaffee zwischendurch!
Sie sprechen immer von Triathlon als Ihrer Passion. Was meinen Sie damit genau?
Andreas: Triathlon ist für uns nicht in erster Linie ein Beruf. Wir leben diesen Sport – und investieren viel dafür.
Michael: Auf mich übt es einen unheimlichen Reiz aus, seine Grenzen zu erreichen und immer weiter zu verschieben.
Was macht Hawaii immer noch so besonders? Warum steht es bei den Triathleten etwa über einer Olympia-Teilnahme?
Michael: Der Ironman Hawaii ist in jeder Hinsicht extrem, von den klimatischen Bedingungen, von der sportlichen Besetzung und vor allem von der mentalen Komponente. Er gehört zu den anspruchsvollsten Sportveranstaltungen der Welt.
Als „Raelert Brothers“ funktionieren Sie in etwa wie ein Verein oder eine Firma.
Andreas: Ja, wir bilden mit unseren Partnern und Sponsoren ein Team und versuchen gemeinsam erfolgreich zu sein. Wir sind wie ein kleines Familienunternehmen.
Warum ist der Triathlon in den letzten Jahren so populär geworden? Was macht Triathlon zu einem besonderen Sport?
Michael: Triathlon ist eine der wenigen Sportarten weltweit, wo Altersklassenathleten und Profis in dem gleichen Rennen starten können und ihre Leidenschaft in einem Rennen teilen. Der einzige Unterschied ist die Zeit an der Ziellinie. Auch das erklärt die Faszination des Sports.
Was macht für Sie selbst den Extremsport so wichtig? Warum gehen Sie immer wieder über die Schmerzgrenze hinaus?
Michael: Für uns ist es wichtig, uns immer neue Ziele setzen zu können. Die setzen wir uns durch bessere Zeiten oder indem man einen bestimmten Titel holen will. Wenn man mit Erreichen der Ziellinie gleich ein Feedback bekommt, kann das sehr erfüllend sein.
Was kann nach der Triathlon-Langdistanz noch kommen? Vielen fällt es schwer, davon loszulassen. Andreas, Sie sind nun 36. Denken Sie an die Zeit nach dem Profisport?
Andreas: Nein, bei uns beiden ist der Spaß und der Wille unvermindert groß. Wir denken im Moment an den Ironman in Kona, aber noch nicht daran, was nach dem Rennen kommt.
Wie viel verbrennt so ein Raelert eigentlich während eines Ironman-Rennens?
Michael: In einem solchen Wettbewerb werden acht- bis neuntausend Kilokalorien verbrannt. Diese Mengen sind für den „normalen“ Menschen wohl nur schwer vorstellbar. Die Energiezufuhr während des Rennens muss schon stimmen, sonst hat man keine Chance.
Im Radsport gibt es eine durch und durch dopingverseuchte Szene. Könnte im Profitriathlon das böse Erwachen noch kommen?
Andreas: Ich finde, Doping ist ein zu ernstes Thema, um über potenzielle Manipulationen zu spekulieren. Ich kann nur für uns sprechen. Michael und ich hatten im Jahr 2012 von Januar bis September mehr als fünfzig Kontrollen.
Andreas Raelert, Craig Alexander, Marino Vanhoenacker, Chris McCormack – oder doch Michael Raelert? Wer macht das Rennen?
Michael: Bei der Weltmeisterschaft treten die besten Athleten der Welt gegeneinander an – und alle sind in Topform. Alle Profis, die auf Hawaii starten, haben die Fähigkeit ganz vorne mitzuspielen. Wir möchten in Kona um den Sieg mitkämpfen.
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