Trends beim Spenden: Edle Bilder im Kopf

Spender wollen oft unmittelbar und zweckgebunden Gutes tun, Internetplattformen helfen dabei. Spendenprofis sind skeptisch: Langfristige Spendenziele gerieten in Hintertreffen.

Kein Brot für die Welt, wohl aber für dieses spezielle Kind: Die Deutschen spenden lieber zweckgerichtet. Bild: dpa

BERLIN taz | Noch nie war spenden so konkret: Soll man Geld für eine Skateboardschule für Jugendliche in Kabul geben oder für die Entlastung von Eltern schwerstkranker Kinder in Leipzig? Oder soll man den Hundeführerinnen der Rettungshundestaffel Eifel-Mosel wasserdichte Sicherheitsheitschuhe Haix Airpower X 1 stiften ? Die Spendenplattform www.betterplace.org bietet eine Fülle von konkreten Hilfsmöglichkeiten an - und liegt damit im Zeitgeschehen.

"Es gibt einen Trend hin zur zweckgebundenen Spende", sagt Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen. Wer Geld spenden will, möchte nicht nur abstrakte Summen an große Organisationen geben, sondern vielmehr das Gefühl zu haben, mit diesen 60 Euro ein Fahrrad in Afrika oder zwei Plastikzelte für eine notleidende Familie gestiftet zu haben.

Diesen Trend bedienen die großen Organisationen wie Unicef mit ihren "Spendenshops" im Internet, wo sich WohltäterInnen wie bei einem Versandhandel konkrete Hilfsgüter aussuchen können. Eine relativ junge Entwicklung ist die Plattform "betterplace". Junge Wirtschaftsinformatiker und Sozialwissenschaftler haben die Plattform vor drei Jahren in Berlin gegründet und bringen damit übers Internet kleine Projekte und Spender zusammen.

"Betterplace" will nur ein Medium sein, es gibt weder ein Spendensiegel, die Initiativen brauchen auch keine Gemeinnützigkeit vom Finanzamt, erklärt "betterplace"-Sprecher Moritz Eckert. Auf der Plattform werben etwa das Barefoot College of Tilonia und die Microsoft-Managerin Anke Domscheit-Berg um 420 Euro für die Ausbildung von Afrikanerinnen, die ihre Dörfer mit Solartechnik elektrifizieren. Das Projekt "Skateistan" benötigt 380 Euro für eine kleine Schülerbibliothek in Kabul. Wer spendet, muss nicht die ganze Summe geben, sondern kann auch mit wenig Geld helfen, den Topf zu füllen. Beim Onlinespenden wird man aufgefordert, 15 Prozent der Spende obendrauf als Beitrag an "betterplace" abzuführen, freiwillig.

Ein sogenanntes "Vertrauensnetzwerk" soll Missbrauch verhindern. "Bisher haben wir keine schlechten Erfahrungen gemacht", berichtet Eckert. Das "Vertrauensnetzwerk" wird auf der Website neben der spendensammelnden Initiative angegeben. Zu diesem Netzwerk gehören "Fürsprecher", die das Projekt kennen, "Unterstützer", die schon gespendet haben, oder "Besucher", die sogar schon vor Ort waren. Sie können sich in Kommentaren positiv über die Initiative äußern.

Diese Kommentare im Netz könnten "die Risiken von Missbrauch zwar einschränken, aber nicht aufheben", gibt Wilke vom Deutschen Zentralinstitut zu bedenken. Das Institut vergibt das Spendensiegel, das in Deutschland als eine Art Markenzeichen für seriöse Spender gilt. Das Siegel kostet die Organisationen aber jährlich mindestens 600 Euro. Das ist zu viel für kleine Projekte, die ihr gesammeltes Geld möglichst ohne Abzüge für Computer, Schulbücher oder Sportrollstühle verwenden wollen und deswegen auch auf "betterplace" werben.

Der Trend zur zweckgebundenen Spende, die bei den Wohltätern edle Bilder ihrer konkreten Hilfe erzeugt, wird von den Fundraising-Profis allerdings kritisch gesehen. Die Gefahr bestehe, dass mit diesem Trend längerfristige Ziele, etwa die Finanzierung von Lehrerstellen in Gebieten, die das dringend benötigen, ins Hintertreffen gerieten, sagt Wilke. Man rate den Hilfswilligen daher, eine Summe eher nicht zweckgebunden zu spenden. Freie Zuwendungen geben den Organisationen die Möglichkeit, das Geld jeweils dort einzusetzen, wo es am dringendsten gebraucht wird, meint Wilke. Dazu brauchen die gemeinnützigen Vereine allerdings das Vertrauen der WohltäterInnen - und das ist nicht immer gegeben.

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