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Treffen der Nato-AußenministerWesterwelle will wieder mitmachen

Beim Berliner Nato-Treffen müht sich das Auswärtige Amt um Schadensbegrenzung. Deutschland könne an einem EU-Einsatz zum Schutz humanitärer Hilfe in Libyen teilnehmen.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow (li) und Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Bild: dpa

BERLIN taz | Zum Glück kennt die Diplomatensprache viele Arten, Streitigkeiten zu bemänteln. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und seine Amtskollegen der Nato-Staaten bemühten bei ihrem Treffen in Berlin eine Formulierung, die manches verschweigt und doch vieles sagt.

Mit Blick auf Deutschlands umstrittene Haltung im Umgang mit dem Libyen-Konflikt sagte Westerwelle am Freitag: "Es geht darum, dass wir ein gemeinsames Ziel haben. Und das gemeinsame Ziel im Bündnis lautet, dass Libyen eine friedliche und freiheitliche Zukunft braucht. Das bedeutet, dass natürlich dieser Diktator gehen muss."

Vom gemeinsamen Ziel, das alle Nato-Länder teilten, hatte zuvor auch Frankreichs Außenminister Alain Juppé gesprochen. Damit versuchte Deutschlands wichtigster Verbündeter in Europa, dem viel kritisierten Westerwelle eine Brücke zu bauen.

Berlin, sollte das heißen, sei im mächtigsten Militärbündnis der Welt nicht isoliert. Und das, obwohl Deutschland Gaddafis Abgang fordert, sich aber bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat enthielt und eine militärische Beteiligung ablehnt.

Herausgestellt wurde das gemeinsame Ziel: Gaddafi soll gehen. Über den Weg dorthin sind sich Deutschland und seine Nato-Partner aber weiter uneins. Am Donnerstagabend erklärte Westerwelle in der ARD: "Wir beteiligen uns nicht an einem Krieg in Libyen, aber wir werden helfen, wenn es darum geht, die Folgen dieses Krieges und die Not der Menschen zu lindern." Zu humanitären Einsätzen sei Deutschland weiterhin bereit.

Diese Bereitschaft soll es Deutschland ermöglichen, sein bei Nato und UN geschwundenes Ansehen zurückzugewinnen. Die Europäische Union beschloss am Donnerstagabend ein Einsatzkonzept für einen möglichen Militäreinsatz zum Schutz humanitärer Hilfe in Libyen. Deutschland könnte also unter EU-Flagge Soldaten nach Nordafrika schicken.

Doch so weit ist es nicht. Voraussetzung für einen EU-Militäreinsatz ist eine Anfrage des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA). Diese liegt bislang nicht vor. Die EU-Truppen könnten etwa Schiffe begleiten, die Hilfsgüter nach Libyen bringen.

Westerwelle sprach sich zudem für wirtschaftliche Sanktionen gegen Libyen aus. "Wenn wir darüber reden, dass der Kampf für Freiheit einen langen Atem braucht, so ist es wichtig, dass die Sanktionen umfassend gelten."

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8 Kommentare

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  • H
    harri

    Tja,lieber Guido, musst halt doch nachgeben. Tut mir leid für Dich, wo Du einmal das Richtige getan hast!

  • S
    Susi

    Ich wundere mich, wieso im Kontext des internationalen Militäreinsatzes in Libyen immer wieder Vergleiche mit Afghanistan und dem Irak aufgeführt werden. Beide Militäreinsätze wurden von den Vereinten Staaten als Verteidigungskriege gegen den Terrorismus initiiert und im Falle des Irakkrieges 2003 auch ohne Beschluss des Sicherheitsrats mit der Koalition der Willigen durchgesetzt. Dieser Präventivkrieg wurde heftig diskutiert und kritisiert. Hauptkritikpunkte sind die fehlende völkerrechtliche Legitimation, die nicht wirklich nachgewiesene Bedrohung durch den Irak, das Unvermögen Stabilität in der Region zu schaffen, sowie der Vorwurf aus wirtschaftlichen Gründen zu intervenieren. Diese Punkte treffen auf den militärischen Eingriff in Libyen nicht zu.

    Was sich in Libyen ereignet sind gravierende Verletzungen gegen das Völker- und Menschenrecht und verstoßen gegen die Charta der Vereinten Nationen. Es sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Und deshalb ist zusehen keine Option, eine militärische Intervention die einzige, letzte Lösung. Aus diesem Grund verhängten die VN die Resolution 1973, die die Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen vorsah, um unschuldige Zivilisten vor den Anschlägen der regimetreuen Truppen der Regierung zu schützen. Dieser Resolution stimmten im Sicherheitsrat zehn Mitglieder zu, fünf enthielten sich. Damit steht Deutschland auf der Seite der Vetomächte China und Russland, die aus gutem Grund effektive, internationale Maßnehmen gegen mörderische Diktaturen verweigern.

    Der Schutz der Bevölkerung in Libyen vor einem despotischen Diktator ist nicht durch wirtschaftliche Sanktionen und auch keine anderen Embargos zu gewährleisten. Zweifelsohne muss man humanitäre Hilfe leisten, aber die deutsche Zurückhaltung verzögerte das militärische Eingreifen, das die Libyer jetzt teuer zu stehen kommt. Desweiteren bedeutet die deutsche Enthaltung im Weltsicherheitsrat verschlechterte diplomatische Beziehungen mit unseren europäischen Partnern und mit den Vereinigten Staaten. Damit hat Deutschland, das um einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat bemüht ist, weder sich, Libyen noch Europa einen Gefallen getan.

    Desweitereen waren weder die Grünen noch die SPD geschlossen für oder gegen den Einsatz noch waren sie zu irgendeinen Zeit für den Einsatz in Afghanistan. Abgesehen davon bot Westerwelle zur Entlastung der Truppen, die in Libyen kämpfen angeboten, weitere Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Dass diese Haltung also aus pazifistischen Gründen geschieht ist daher mehr als zweifelhaft.

  • A
    audio001

    Ich kann diesen "sogenannten Politiker" nicht mehr sehen....

  • VH
    Volker Hartmann

    Es geht um die alte Frage des gerechten und notwendigen Krieges gegen einen vor nichts zurückschreckenden Tyrannen. Sich hier im Widerstand zu üben, wie die libysche Freiheitsbewegung, ist nicht nur legitim, sondern notwendig und Verfassungsgebot. Trotzdem kann ich alle diejenigen verstehen, die unsere Soldaten nicht in solchen Einsätzen sehen möchten. Und die Regierung hat letzendlich in ihrem Beschluss nur den Mehrheitswillen sanktioniert. Wir hätten es trotzdem einfacher haben können, indem wir Fähigkeiten, die die deutsche Armee mehr als andere hat, wie z.B. den Sanitätsdienst, im Rahmen von Feldlazaretten vor die libyschen Grenzen gelegt hätten, um die Flüchtlinge und Geschundenen in den Lagern zu versorgen. Es ist hier alles vorhanden und innerhalb von wenigen Tagen verlegbar. Tatsächlich ein humanitärer Einsatz. Ein deutscher Offizier

  • K
    Kai

    Auch einem Blättchen wie der taz stünde es gut zu Gesichte, statt vor lauter Kriegsfreude zu triefen, die NICHT-Kriegsteilnahme dieses 'unseres' zwei Weltkriege mitverursachenden Landes zu würdigen oder zumindest zu respektieren.

    Diesmal gilt meine Achtung dafür uneingeschränkt Merkel und Westerwelle. Ginge es nach taz und den Grünen würden 'unsere' Jungs in Afrika Bomben gegen die Menschen in Libyen schmeissen.

  • F
    FAXENDICKE

    Deutschland darf unter keinen Umständen bei dem Krieg mitmachen. Man sollte das Geld lieber in unsere Straßen stecken bzw. die AutofahrerInnen entlasten!

  • V
    vic

    Zum Schutz der Bevölkerung, zum Schutz humanitärer Hilfe, bla bla...

  • SM
    Stefan Marco

    Also die grosse Mehrheit der Deutschen befürwortet nach meiner Meinung weder den Afghanistan-Einsatz noch möchten Sie deutsche Soldaten in Libyen sehen.

     

    Zum einem sind grosse Teile der Deutschen zu Recht der Meinung, dass wir Deutschen nicht überall auf der Welt mit Soldaten mitmischen sollten: zwei Weltkriege reichen vollkommen aus, da starben genug deutsche Soldaten völig sinnlos. Zurückhaltung mit Militäreinsätzen durch deutsche Soldaten auf fremden Kontinenten in Afrika und in Asien ist geboten.

     

    Zum anderen sind die meisten Deutschen der Meinung, das wir uns militärisch auf Europa beschränken sollten und dort nur für Sicherheit sorgen sollten. Es ist den meisten Deutschen nicht vermittelbar, warum Deutsche in Afrika oder in Asien kämpfen sollten.

     

    Desweiteren kosten solche Militäreinsätze immer jede Menge Steuergelder und der Verteidigungshaushalt explodiert dann. Das wollen die meisten Wähler nicht: das Steuergeld fehlt dann an anderer Stelle und ist für besser Schulen, Hochschulen, Strassen, usw. dann nicht vorhanden.

     

    Gewinner solcher Militäraktionen ist in erster Linie nur die Rüstungsindustrie aber sicherlich nicht der deutsche Steuerzahler.

     

    Daher Westerwelle und FDP, die hier gemeinsam mit der Linkspartei, die Enthaltung in der UNO getragen haben, haben hier vollkommen Recht. Es ist gerade für die Grünen, die einmal die Friedensbewegung verkörperten, äußerst problematisch, wie sie Kriegseinsätze in Afghanistan und in Libyen befürworten können. Daher liebe Grüne: wo wollt ihr unsere Soldaten denn noch so alles hinschicken, damit dort Frauenrechte gestärkt werden: Syrien, Jemen oder Iran ?

     

    Bei diesem Thema lobe ich Westerwelle sehr, denn er zeigte hier bisher Weitsicht, indem er nicht in den nächsten Kriegseinsatz hineinrannte. Enttäuschend hingegen hier Trittin und die Grünen, die zu einer stinknormalen Partei geworden sind, die bei Kriegseinsätzen auf fremden Kontinenten mittlerweile in der ersten Reihe mit CDU und SPD stehen. Traurig aber wahr...