Treffen der Koalitionsparteien: Fatal vertagt
Beim Thema Grundrente kann sich die Große Koalition nicht einigen. Die Groko ist überflüssig, sie hat sich selbst überlebt.
W enn du nicht mehr weiterweißt, bilde einen Arbeitskreis. So in etwa könnte man die Nichteinigung der Großkoalitionäre in der Frage der Grundrente umreißen. Dabei sind die Ergebnisse alles andere als zum Lachen. Faktisch sind sie der verschriftlichte Nachweis dafür, wie wenig man noch miteinander anzufangen weiß. Und wie sehr man offenbar auf baldige Trennung hofft.
Beim gemeinsamen Ausschuss am Sonntagabend haben sich Union und SPD zwar in Fragen der Miet- und Wohnungspolitik auf ein umfassendes Maßnahmenpaket geeinigt. Bei einem anderen Gerechtigkeitsthema jedoch hat man sich fatal vertagt. „Zu Fragen der Grundrente“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung, „soll in den kommenden 2 bis 3 Wochen ein Grundsatzpapier durch die Bundesminister Heil und Braun erstellt werden. Auf dieser Basis werden in einer Arbeitsgruppe der die Koalition tragenden Parteien die notwendigen politischen Entscheidungen getroffen werden.“
Bei diesem Thema, das älteren Menschen ein – gar nicht mal so üppiges – Stück soziale Sicherheit geben könnte, zeigt die Große Koalition nachdrücklich, wie sie sich selbst blockiert und wie wenig sie ihren WählerInnen noch nützen kann. Letztlich: Wie überflüssig sie mittlerweile ist, wie verstritten. Und wie wenig sie noch in die eigene Kraft vertraut.
Denn selbst wenn SPD und CDU/CSU die politische Macht haben, wissen sie sie ganz offensichtlich nicht mehr zu gebrauchen. Lieber verhaken sie sich in Neiddebatten, wer denn überhaupt einer – ohnehin nicht üppigen – Grundrente teilhaftig werden dürfte. Dies alles, während Rentnerinnen an Supermarktkassen schuften müssen und Töchter und Söhne ihren alten Eltern jeden Monat etwas für die Miete zustecken müssen. Dass es bei der Grundrente nicht um den x-ten Prosecco der vielzitierten Zahnarztgattin geht, ist jedem klar, der sieht, wie demütig Rentner öffentliche Mülleimer nach Pfandflaschen absuchen.
Ausdruck geradezu suizidaler politischer Neigung ist zudem die Frist der Großkoalitionäre für das ominöse „Grundsatzpapier“ zum hinlänglich diskutierten Thema Grundrente. „2 bis 3 Wochen“, das heißt: nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Und das bedeutet: Mit uns braucht ihr im Osten nicht zu rechnen. Liebe Landesparteien, ihr seid zu klein und uns deshalb leider nicht wichtig genug. Kurz vor dem Treffen hatte es noch so ausgesehen, als würden sich die Regierungspartner im Bund auf vereinfachte Prüfungen der Anträge und damit auf Gesichtswahrung für die Parteien einigen können. Doch selbst das ist nun perdu. Die Große Koalition ist fertig mit sich selbst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden