Treffen der Hammerskins: Nazi-Bruderschaft aufgeflogen
Im niedersächsischen Werlaburgdorf musste die Skinhead-Gruppe Hammerskins ein „Familientreffen“ abbrechen. Die Polizei löste die Versammlung auf.
WERLABURGDORF taz | Im niedersächsischen Werlaburgdorf waren am Samstag führende Aktivisten der „Hammerskins“ zu einem „national officers meeting“ zusammen gekommen. Aber die Party am Abend fiel aus. “Solche Treffen wollen wir nicht ermöglichen“, sagte der stellvertretende Bürgermeister Uwe Naß (SPD). Am frühen Abend löste die Polizei die Versammlung auf.
Eine „Familienfeier“ hatte der ortsbekannte Rechte Dennis Kiebitz das Treffen genannt, als er das Dorfgemeinschaftshaus im 739-Seelen-Dorf gemietet hatte. Bei starkem Schneetreiben waren die ersten rund 30 „Offiziere“ – unter ihnen wenige Frauen – in den niedersächsischen Ort zwischen Wolfenbüttel und Goslar gereist.
Am Nachmittag hatten die führenden Hammerskin-Aktivisten die roten Vorhänge des Dorfgemeinschaftshauses zugezogen und vier Stunden getagt. Abends sollte gefeiert werden. Abseits der Öffentlichkeit betreiben die Hammerskins, die wie Rockergruppen in sogenannten Chaptern organisiert und stark im Rechtsrock-Geschäft involviert sind, ihre Geschäfte.
Die „Hammerskin Nation“ wurde 1986 in Texas gegründet, ist seit Anfang der 1990er auch in Deutschland aktiv und versteht sich als „weiße Bruderschaft“. Bis zu elf Hammerskins-Ableger soll es bundesweit geben. Sehr aktiv waren sie in den letzten zwei Jahren in Mecklenburg-Vorpommern. Ihren Anhängern gehören hier zwei Immobilien, in denen sie Konzerte veranstalten.
Europa-Chef Malte Redeker führt einen Szene-Laden in Stralsund. Er verfügt nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamtes (BKA) über „zahlreiche bundesweite Kontakte zu Betreibern von Musikverlagen, zu rechten Musikgruppen aus dem In und Ausland, zu verschiedenen Kameradschaften und zu NPD-Funktionären“. Und der Hammerskin Thomas Gerlach hat nachweislich Kontakte zu Ralf Wohleben, einem der NSU-Helfer.
Fast die Hälfte der etwa 200 Hammerskins, so ein internes BKA-Dossier, sind polizeibekannt wegen Volksverhetzung, rechter Propaganda und Gewaltdelikten.
Spaziergängern waren am Samstagvormittag die “stark Tätowierten“ aufgefallen und sie hatten die Polizei informiert. Bürgermeister Helmut Wilm (CDU) kam, sein Stellvertreter Naß auch. „Wir wollen das beenden“, sagte Naß. „Da stehen wir hier zusammen gegen“, sagte der Grüne Ratsabgeordnete Thomas Boog.
Als gegen 17.30 Uhr die Verstärkung der Polizei eintraf, machten die Verantwortlichen des Treffens ihr Hausrecht geltend. Kiebitz gab sich moderat, da müsse eine Verwechslung vorliegen, er habe den Saal doch bereits viermal gemietet. Aber sie mussten das Haus räumen – die gezahlte Miete bekommen sie zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Aufregung um Star des FC Liverpool
Ene, mene, Ökumene