Treffen der Flüchtlingsräte: Für einen Kurswechsel
In Dresden sind die Flüchtlingsräte der Bundesländer zusammengekommen. Sie zeichneten ein düsteres Bild von Deutschlands Asylpolitik.
Anlass sind die Koalitionssondierungen nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen. Der Appell der Flüchtlingsräte richtet sich aber nicht nur an die Grünen, die voraussichtlich an zwei Kenia-Koalitionen mit CDU und SPD beteiligt sein werden, sondern an alle demokratischen Parteien.
Aus der Gastgeberstadt Dresden berichtete Mark Gärtner beispielsweise, dass eine neue Erstaufnahme und eine Abschiebehaftanstalt gleich nebeneinander gebaut werden. Die Zuweisung von dezentralen Wohnungen stagniere, und Zimmer in den Erstaufnahmen würden von der Polizei spontan durchsucht. Gegen Gewalt durch Sicherheitskräfte und von Flüchtlingen untereinander gebe es keine Konzepte.
Ankerzentren, wie es sie seit einem Jahr in Bayern gibt, funktionierten nicht, berichtete Jana Weidhaase vom Bayerischen Flüchtlingsrat. Generell wurden von den Teilnehmern des Treffens lange Verfahrensdauern und vor allem eingeschränkte Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten für die Geflüchteten beklagt. Statt Teilhabe zu ermöglichen, habe sich ein Trend zu Isolation und Kriminalisierung verfestigt.
Für Länder, wo bislang Linke oder Grüne mitregierten, fällt die Kritik nur abgeschwächt aus. In Brandenburg mangele es an Beratung, Asylbewerber mit schlechter Bleibeperspektive würden gar nicht erst verteilt. Rot-Rot-Grün in Thüringen habe immerhin keine Abschiebehaft, schiebe auch nicht nach Afghanistan ab und versorge Flüchtlinge beispielsweise medizinisch besser.
Hinsichtlich der verbreiteten Ressentiments gegen Flüchtling sei die Schwelle zum Rechtsextremismus oft schon überschritten, kritisierte Günter Burkhardt von Pro Asyl. Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) müsse über seine verbalen Bekenntnisse gegen rechts hinaus „jetzt liefern“.
„Haltung statt Hilflosigkeit angesichts der AfD-Erfolge“ forderte auch Jana Weidhaase aus Bayern. Man dürfe das Asylthema nicht allein der AfD überlassen. Auf Nachfrage bestätigten die Teilnehmer des Dresdner Treffens, dass die in der Bevölkerung und in Behörden verbreitete Ablehnung von Ausländern bereits zulasten der eigentlich gewünschten Fachkräftezuwanderung geht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass