Trauerprotest der Berliner Syrer: Aleppo brennt und Herr S. geht vorbei

Am weltweiten Aktionstag #AleppoIsBurning wird auch in Berlin demonstriert. Zwischen Syrern und Polizei kommt es dabei zu Missverständnissen.

Mit roter Farbe bemalter Mann beim Aleppoisburning-Protest vor dem brandenburger Tor

#AleppoIsBurning vor dem Brandenburger Tor. Foto: Reuters

BERLIN taz | Zu spät kommen ist immer blöd. Obwohl, eigentlich bin ich ja gar nicht zu spät. Es ist erst 18.30 Uhr und die Veranstaltung sollte von 17 bis 20 Uhr gehen. #AleppoIsBurning lautet der Hashtag des weltweiten Protestes, Aleppo brennt. Mal wieder, schon wieder. Hunderte Tote allein in der vergangenen Woche, durch Bombenangriffe auch auf ein Krankenhaus. Da kann man ratlos werden. Wütend. Und jetzt, am Montagabend ist der Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor genau der passende Ort, um Ratlosigkeit, Wut, Trauer rauszulassen. Stilles Protestsitzen ist angekündigt.

Aber irgendwie bin ich dann doch zu spät. Vorher hatte es ein Sit-in gegeben. Fast alle hatten Schilder oder Transparente dabei. „Save Aleppo“, stand da drauf. „Stop the bombing“. Oder auch: „Eure Gewissen sind hart und ausgetrocknet, aber die Tränen der Unschuldigen trocknen nie.“ All das kann ich mir später auf Fotos im Internet anschauen.

Doch jetzt herrscht große Unruhe auf dem Platz. Wohl mehr als tausend Menschen, die meisten junge Syrer, rufen, pfeifen, gröhlen. Einige wedeln wild mit Tüchern über ihren Köpfen. Der Grund der Aufregung: die Polizei. Sie mischt sich immer wieder in die Menge und zerrt dann einen der Demonstranten fort.

Die Berliner Polizei! Kapiert die mal wieder gar nichts? Vielleicht doch. Im Mannschaftswagen vor Ort sitzt ein Uniformierter mit einschlägigem Migrationshintergrund und ruft per Lautsprecher der Menge etwas zu. Auf Arabisch. Immer wieder ein Wort, das wie „Shut up!“ klingt, aber wohl ganz was anderes heißt. Mag sein, dass wenigstens dieser eine Polizist versteht, was genau vor sich geht. Ich verstehe es nicht.

Es habe Rangeleien gegeben, als Kurden kamen, und die einen sie dabei haben wollten und die anderen nicht, erzählt ein Beobachter. Der Anmelder des Protestes habe Angst bekommen und deshalb die Veranstaltung vorzeitig für beendet erklärt, sagt eine Polizistin. „Unser Kollege, der die Sprache spricht“, habe den Syrern versichert, dass man nicht mit Schlagstöcken gegen sie vorgehen werde, sagt ein Beamter. Die Demonstranten standen dicht, tanzten wild und laut, und die Polizei habe offenbar nicht verstanden, dass das keine Vorstufe von Krawall, sondern ein Form der Trauer ist, meint ein Fotograf.

Und während man versucht diese kulturellen Missverständnisse zu verstehen, spaziert Thilo Sarrazin über den Platz. An der Menge vorbei zum Brandenburger Tor.

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