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Trauer um Polens PräsidentenpaarBleierne Zeit in Warschau

Die Polen nehmen zu Tausenden Abschied an den Särgen vom Präsidentenpaar. Besonders die selbstbewusste Maria Kaczynski war beliebt.

Die Überreste der First Lady werden zum Präsidenten-Palast gefahren. Bild: dpa

Warschau wirkt wie benommen. Eine bleierne Schwere liegt über der Stadt. Viele Menschen tragen Trauerkleidung. Sie gehen seltsam apathisch ihres Weges. Viele haben verweinte Gesichter. Je näher man dem Zentrum der Stadt kommt, um so unheimlicher wird die Atmosphäre. Alles strömt zu einem Punkt hin - dem Präsidentenpalast. Dort haben sich tausende Menschen versammelt. Auf dem Boden stehen unzählbar viele Grabkerzen dicht an dicht, daneben befindet sich ein wahres Blumenmeer. Als der schwarze Leichenwagen mit dem Sarg Maria Kaczynska fast lautlos durch die Menge gleitet, beginnen viele der schwarz gekleideten Menschen zu weinen.

Die First Lady, die am Samstag beim Absturz der polnischen Präsidentenmaschine im westrussischen Smolensk ums Leben kam, war bei den Polen überaus beliebt. Die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin war hoch intelligent, sprach mehrere Sprachen fließend und interessierte sich für Theater und Kultur.

Obwohl sie ihrem Mann einmal fürsorglich Butterbrote ins Flugzeug hinterhertrug, als er sie vergessen hatte, konnte sie auch immer wieder mit feministischen Ansichten überraschen. Dem nationalkatholischen Radio Maryja galt sie daher als "Hexe im Präsidentenpalast". Den Polen aber gefiel die selbstbewusste First Lady, die auch im Präsidentenpalast "eine von uns" geblieben war.

Als der Leichenwagen durch das Spalier der tausenden Menschen fährt, die Maria Kaczynska das letzte Geleit geben wollen, brechen einige zusammen. Eine junge Frau muss sich hinsetzten, so sehr schüttelt sie der Weinkrampf. "Sie konnten sie nur am Ring erkennen", stößt sie leise hervor. "Am Ring und am Nagellack! Sonst ist nichts von ihr übrig geblieben." Eine andere junge Frau kniet neben ihr nieder, nimmt sie in den Arm und beruhigt: "Wein nur! Wein! Du bist nicht allein."

Als sich die Tore des Präsidentenpalastes öffnen, setzt sich die Menschenmenge langsam und schweigend in Bewegung. Im prächtigen Säulensaal, wo sonst Regierungen vereidigt werden und Ordensverleihungen stattfinden, stehen nun die beiden Särge. Auf beiden liegt die weiß-rote Nationalfahne, Soldaten in Galauniform halten Wache. Als Erstes tritt Marta, die 30-jährige Tochter der Kaczynskis, vor die Särge, kniet nieder und betet lange. Dann verabschiedet sich Jaroslaw Kaczynski von seinem Zwillingsbruder und seiner Schwägerin. Schließlich treten die ersten Warschauer unsicher in den Marmorsaal. Sie sehen die aufgebahrten, geschlossenen Särge, gehen den ausgerollten roten Teppich entlang, treten einer nach dem anderen kurz vor, verneigen sich oder knien nieder. Niemand spricht. Es ist der letzte stille Gruß vor dem Staatsbegräbnis am Sonntag.

Der Präsidentenpalast soll bis zur Beerdigung am Sonntag Tag und Nacht geöffnet bleiben, so dass alle Polen, die dies wünschen, vom Präsidentenpaar Abschied nehmen und sich in die Kondolenzbücher eintragen können.

Die Familie, so ist zu hören, wünscht die Beisetzung Lech und Maria Kaczynskis in der Königsgruft der Kathedrale des Wawelschlosses in Krakau. Die Zeremonie soll der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz leiten, der lange Jahre Privatsekretär von Papst Johannes Paul II. im Vatikan war. Regierungssprecher Pawel Gras wollte aber den Ort des Staatsbegräbnisses noch nicht endgültig bestätigen: "Das muss die Familie mit den Kurien in Warschau und Krakau ausmachen."

Während der Strom der Trauernden an den aufgebahrten Särgen entlangzieht, trifft sich gut drei Kilometer weiter der Sejm, das polnische Abgeordnetenhaus, zur ersten Sitzung nach der Flugkatastrophe am Samstag. Viele der 96 Opfer waren Parlamentarier. An ihren Plätzen stehen Schwarz-Weiß-Fotografien und prächtige Blumensträuße. Abgeordnete und Senatoren lesen die Namen derjenigen vor, die niemals wieder in den Sejm kommen werden. Vielen bricht dabei die Stimme. Es sind Freunde unter den Toten.

Jaroslaw Kaczynski zeigt sich zum ersten Mal seit dem Unfall in der Öffentlichkeit. Er nimmt die Kondolenzwünsche entgegen, spricht aber mit niemandem. Alle wissen, dass er nicht nur seinen Zwillingsbruder verloren hat, mit dem er täglich bis zu zwölf Mal telefonierte, sondern dass auch noch die Mutter im Sterben liegt. Jaroslaw hat ihr den Tod des Sohnes und der Schwiegertochter bisher verschwiegen. Nach ihrem Tod wird Jaroslaw Kaczynski, der nie wirklich aus dem Elternhaus ausgezogen ist, ganz allein sein. Da fällt es schwer, etwas zu sagen. Alle schweigen.

Nur Bronislaw Komorowski, der als Sejmmarschall (Parlamentspräsident) nun auch die Pflichten des Staatspräsidenten übernommen hat, verkündet noch die gemeinsame Trauerfeier für alle 96 Opfer für Samstag auf dem Pilsudskiplatz in Warschau an. Dann ist die Sejmsitzung vorbei.

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5 Kommentare

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  • S
    scherbengericht

    weiowei karzoffelbrei. @ A/A : Sie haben 100% recht!

  • E
    egal

    A -Maria Kaczynska / nicht i

  • AA
    A / A

    "Die" Polen brauchen halt was, an das sie sich klammern können. Den ist vollkommen egal, wer stirbt. Das das Präsi-Pärchen beliebt gewesen sein soll, ist vollkommener Unsinn. Im Gegenteil, über sie wirde sich jahrelang prächtig amüsiert. Sie vertreten eine verblendete Generation von Polen, die nic ht bereit ist, nach vorn zu schauen, die sich immer angegriffen fühlt und in Regression verfällt -Trauer und Melancholie gehören schließlich zur "Polnischen Seele"...da kann man wunderbar anknüpfen an frühere Tragödien...und dem Rest der welt die Schuld geben....wieder Rechts wählen demnächst.

  • P
    P.Haller

    Es ist schon unheimlich, wenn man mitansehen muss, was für ein (Trauer-)Kult sich in der westlichen Welt breitmacht !

    Da heulen Menschen Rotz und Wasser wegen Personen (Kaczynski, Enke, Lady Di usw. usw.), welche sie nur (wenn überhaupt) aus Lifestyle-Magazinen oder Fernsehen kennen. Wissen die überhaupt wen sie "betrauern" ??

    Weit weg von uns sterben jeden Tag Tausende an Hunger, Krieg, Naturkatastrophen und Unmenschlichkeit, aber registriert oder betrauert wird hier keine einzige Seele.

    Die westliche "Kultur" verkommt immer mehr !!

  • E
    ernesto

    woher all die empathie mit diesem polnischen national-sozialisten? schon vergessen dass der mal eben die todesstrafe einführen und lesben und schwule verfolgen wollte?

     

    diese falsche pietät kotzt mich an.