: Trauer um Bermudez
■ Nicaraguas Regierung ehrt den toten Ex-Contra-Führer
Managua (taz) — Dem am Samstag ermordeten ehemaligen Contra- Chef Enrique Bermudez wurden in Managua Ehren eines Regierungsmitgliedes zuteil. Bevor der Leichnam am Dienstag von der Witwe nach Miami ausgeflogen wurde, lag er fast zwei Tage im Repatriierungsministerium aufgebahrt. Niemand geringerer als Kardinal Obando y Bravo zelebrierte die Totenmesse und das ganze Kabinett trat zum Kondolenzbesuch bei den Hinterbliebenen an. Präsidentin Violeta Chamorro, die gerade in Prag den Staatsbesuch von Vaclav Havel erwiderte, übermittelte telefonische Beileidswünscheh. Vizepräsident Virgilio Godoy hielt neben prominenten Contra-Führern Totenwache am Sarg.
Die Tat wurde fast einhellig verurteilt. In einem offiziellen Kommunique verurteilt auch die oppositionelle Sandinistische Befreiungsfront (FSLN) den Anschlag und „jede Form politischen Terrors“, forderte eine gründliche Untersuchung und wies jeden Verdacht, selbst hinter dem Anschlag zu stecken, von sich. Nur ein paar überschwengliche Sandinisten feierten das Attentat als „Hinrichtung eines Kriminellen“.
Vom Täter fehlt indessen jede Spur. Bermudez dürfte von einem anonymen Anrufer, der ihn nachts zu einem dringenden Treffen mit dem US-Botschafter zitierte, in die Falle gelockt worden sein. Die Schüsse aus einer wahrscheinlich mit Schalldämpfer versehenen Pistole wurden aus nächster Nähe abgegeben. Jedenfalls hat am Tatort keiner einen Schuß gehört.
Der Mord wurde erst entdeckt, als jemand auf dem Parkplatz vor dem Hotel Inter-Continental im Dunkeln über den Leichnam stolperte. Oscar Sobalvarro, ein ehemaliger Contra- Kommandant und heute Repatriierungsminister, machte die Sandinisten für den Mord verantwortlich und kündigte an, daß seine Leute unabhängig von der Polizei ihre Untersuchungen anstellen würden.
Die argentinische Fernsehsgesellschaft „Eco“ meldete währenddessen, daß Bermudez für das kolumbianische Kokain-Kartell von Medellin gearbeitet habe und daß der Mord geschäftliche Hintergründe haben könnte.
Es muß nun befürchtet werden, daß der Mord an Bermudez, dem ehemaligen Oberst der Nationalgarde, eine Welle von Racheakten und politisch motivierten Gewalttaten nach sich zieht. Im ohnehin aufgeheizten politischen Klima könnte das das Ende des Versöhnungsprozesses bedeuten. Der als „Franklin“ bekannte Ex-Contra Israel Galeano hat bereits mit einer Rebellion gedroht, falls die Regierung den Mord nicht aufklärte. Ralf Leonhard
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