Transeuropäisches Verkehrsprojekt: Klatsche für Fehmarnbelt-Querung
Der Europäische Rechnungshof kritisiert die deutsche Zubringerstrecke zu dem Ostseetunnel als zu kostspielig und die Fahrgastzahlen als zu gering.
Die Fehmarnbelt-Querung hat der Rechnungshof als eines von acht grenzüberschreitenden „Flaggschiff-Infrastrukturprojekten“ geprüft, die helfen sollen, dass Europa zusammenwächst. Der geplante Auto- und Eisenbahn-Tunnel unter dem Fehmarnbelt soll den Verkehr zwischen Skandinavien und dem Mittelmeer erleichtern. Von Stockholm könnte man dann ohne eine Fähre zu benutzen und ohne den Umweg über das dänische Festland nach Hamburg gelangen.
Das Projekt ist auf deutscher Seite in vielfacher Hinsicht umstritten. Die Bürgerinitiative „Beltretter“ warnt vor der „größten Baustelle Nordeuropas“ mit schlimmen Folgen für den Tourismus. Die Insel Fehmarn werde durch die Verkehrstrasse zerschnitten, die Anwohner müssten den Lärm von mehr als 70 Güterzügen am Tag ertragen.
Dazu komme der ökologische Schaden, der durch die geplante Trogbauweise für die Ostsee entstehe. Hier gehe es um „eine unnötige Zerstörung wertvoller Natur mitten in einem europäischen Meeresschutzgebiet trotz eines marginalen Bedarfs“, kritisiert der Naturschutzbund (Nabu).
Viermal so teuer
Der Rechnungshof geht davon aus, dass die 88 Kilometer lange Eisenbahn-Zubringerstrecke auf deutscher Seite bis zu 46 Millionen Euro pro Kilometer kosten könnte. Vergleichbare Projekte wie die Anschlussstrecke auf dänischer Seite kosteten bloß elf Millionen Euro pro Kilometer.
Der stolze Preis sei hauptsächlich auf die Kosten für „die Erfüllung der über die Standardanforderungen hinausgehenden regionalen Lärmschutzanforderungen“ und für eine neue Fehmarnsundbrücke zurückzuführen, schreibt der Rechnungshof. Statt der zunächst veranschlagten gut 800 Millionen würde die Strecke vier Milliarden Euro kosten.
Die Verkehrsprognosen rechtfertigten den Bau einer solchen Bahnstrecke bei Weitem nicht, warnt der Rechnungshof. Trotz eines 60-Minuten-Einzugsgebiets mit 7,7 Millionen Einwohnern würde zehn Jahre nach der Eröffnung nur mit einer Million Fahrgästen pro Jahr in beiden Richtungen gerechnet. „Dies liegt deutlich unter dem Richtwert von neun Millionen Fahrgästen“, stellen die Prüfer fest.
Die bis zu 73 Güterzüge am Tag machten die Bilanz auch nicht besser. Die würden bloß die Route über den Großen Belt nicht mehr nutzen. Eine wesentliche Verkehrsverlagerung vom Lkw auf die Bahn sei nicht zu erwarten.
Der Rechnungshof regt auch an zu prüfen, ob es nicht reichen würde, die Bahnstrecke auf deutscher Seite auf 160 statt auf 200 Stundenkilometer auszulegen. Schließlich betrage der Zeitgewinn zwischen Puttgarden und Lübeck nur fünf Minuten.
Kostengrund: Lärmschutz
Die höhere Geschwindigkeit koste nur 110 Millionen Euro mehr, sagt dazu die Europäische Kommission. Der Löwenanteil der Kostensteigerung gehe in der Tat auf den verbesserten Lärmschutz zurück, „der von den Bürgern gemäß öffentlichen Konsultationen gefordert wird“.
Der Nabu sieht sich durch den Rechnungshof in seiner kritischen Haltung bestätigt. Er hatte im Juli vergangenen Jahres ein Verkehrsgutachten vorgelegt, das die Querungspläne für überholt erklärte. Der Güterverkehr auf der Bahn zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden habe seit der Finanzkrise abgenommen, schreiben darin die Gutachter des Hamburger Verkehrsberatungsbüros Hanseatic Transport Consultancy. Es sei kein Trend für ein nennenswertes Wachstum des internationalen Landverkehrs zu erkennen.
Die Frage, ob das Vorhaben überhaupt nötig sei, werde auch in dem Verfahren eine Rolle spielen, das am 22. September vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beginne, kündigte der Nabu an. Das Projekt führe zu „einem unnötigen ökologischen GAU im Fehmarnbelt“, warnte der Naturschutzbund. Allenfalls ein gebohrter Tunnel für die Bahn sei denkbar.
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