Trainingsprogramm in Somalia: Deutschland sucht verschwundene Polizei
Die Bundesregierung will den Verbleib somalischer Polizisten, "konsequent nachverfolgen". Es wird spekuliert, dass sie sich im somalisch-äthiopischen Grenzgebiet aufhalten.
BERLIN taz | Deutschland will den Verbleib der somalischen Polizisten, die nach ihrer von Deutschland finanzierten Ausbildung in Äthiopien spurlos verschwanden, "konsequent nachverfolgen". Für ihre Verschwinden macht es Äthiopien verantwortlich. Das Auswärtige Amt erklärte gestern in Reaktion auf die taz-Recherche "Deutsches Debakel am Horn von Afrika": "Nach Ende der Ausbildung im Mai 2010 wurden die 925 Auszubildenden unter äthiopischer Verantwortung nach Somalia transportiert. Den weiteren Verlauf der Eingliederung in die somalische Polizei wird die Bundesregierung gegenüber der äthiopischen Regierung und der somalischen Übergangsregierung konsequent nachverfolgen."
Die taz hatte gestern berichtet, dass rund 1.000 Polizeirekruten aus Somalia spurlos verschwunden seien, nachdem sie dieses Jahr mit deutschem Geld in Äthiopien ausgebildet wurden. Deutschland habe den Rücktransport der Polizisten in ihre Heimat nicht finanziert und es überdies versäumt, das Trainingsprogramm rechtzeitig dem zuständigen UN-Sanktionsausschuss zu melden und die finanziellen Folgen davon mit dem zuständigen UN-Entwicklungsprogramm UNDP zu klären, so der Bericht weiter. In Somalia unterstützt die internationale Gemeinschaft durch afrikanische Eingreiftruppen sowie europäisches Training für Polizei und Militär die schwache Übergangsregierung in der Hauptstadt Mogadischu gegen islamistische Rebellen. Es wird spekuliert, dass sich die jetzt unauffindbaren ausgebildeten Polizeikräfte im somalisch-äthiopischen Grenzgebiet aufhalten.
Zurückgewiesen wird von der Bundesregierung in Reaktion auf den Bericht der taz lediglich der Vorwurf, die Ausbildung sei "unter Umgehung von Richtlinien der Vereinten Nationen" erfolgt. Dies sei "nicht zutreffend", so das Auswärtige Amt. "Die internationale Staatengemeinschaft und die Vereinten Nationen wurden beim Treffen der G-8-Außenminister in Triest im Juni 2009, beim Treffen der unter Leitung der Vereinten Nationen tagenden Somalia-Kontaktgruppe in New York im September 2009 und im Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen im Februar 2010 über das Projekt unterrichtet." Allerdings begann das fünfmonatige Ausbildungsprogramm bereits im Dezember 2009. Eine vorherige direkte Unterrichtung des für die Einhaltung der gegen Somalia geltenden Sanktionen zuständigen UN-Ausschusses durch die Bundesregierung fand demnach nicht statt.
Was die Koordination mit UNDP angeht, soll nun "so schnell wie möglich eine Vereinbarung realisiert werden, die die Bezahlung der Polizisten für die ersten Monate nach Übernahme in die somalische Polizei sicherstellt", so das Auswärtige Amt weiter.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter