Trainerdiskussion in Leverkusen: Jenseits der Stille
Bayer Leverkusen verliert zum fünften Mal in Folge. Die Frage wird laut, ob der sehr ruhige Sami Hyypiä das Selbstbewusstsein zurückgeben kann.
LEVERKUSEN taz | „Wir haben viel gemacht im Training“, sagte Bayer Leverkusens Trainer Sami Hyypiä nach dem Spiel gegen Mainz 05, „auch auf der mentalen Seite“. Geholfen hat es offenbar wenig: Das einzige Tor erzielte am Samstagnachmittag der Mainzer Eric Maxim Choupo-Moting und sorgte so für die fünfte Pflichtspielniederlage in Folge.
Bayer Leverkusen ist in diesen Wochen umgeben von einem unheilvollen Gefühl der Ratlosigkeit. „Wir zerbrechen uns die Köpfe schon in den letzten Wochen“, sagte Rudi Völler. Besonders bedenklich findet der Sportchef, dass „die Verunsicherung vor allem bei den älteren Spielern groß ist“.
Simon Rolfes, Lars Bender oder Stefan Reinartz können derzeit kaum positive Impulse geben, sie machen seltsame Fehler, auch deshalb mussten die Mainzer nicht einmal ihren besten Fußball spielen für den Erfolg. „Unser Passspiel war nicht gut genug“, sagte ihr Trainer Thomas Tuchel, der Sieg sei „keine logische Konsequenz“ der gezeigten Leistungen gewesen.
So langsam entzündet sich in Leverkusen nun eine Debatte über die Frage, ob Hyypiä fähig ist, einer völlig verunsicherten Mannschaft, Spaß, Leichtigkeit und Selbstvertrauen zurückzugeben. Völler würde derlei Zweifel am liebsten direkt im Keim ersticken, „das tut jetzt alles weh, wir werden aber trotzdem zusammenstehen“, sagte er.
Um seinen Job muss Hyypiä vorerst also nicht fürchten, aber der Vorwurf, den der ehemalige Leverkusener Trainer Klaus Toppmöller vor einigen Tagen erhoben hat, steht immer noch im Raum: Der stoische Finne sei mit seiner ruhigen Art nicht in der Lage, das Team zu emotionalisieren.
Allein muss er sich erst beweisen
„Der Sami ist eben, wie er ist“, hatte Rudi Völler darauf erwidert. „Jeder Trainer hat seine Art, und seine ist eben die ruhige. Als wir in der Vorrunde mit ihm ein Spiel nach dem anderen gewonnen haben, haben uns alle zu diesem tollen Trainer gratuliert.“ Aber damals lief es eben auch. Ob Hyypiä ohne Sascha Lewandowski, mit dem er sich das Traineramt in der Vorsaison noch teilte, ebenfalls in der Lage ist, eine Mannschaft aus einer Krise herauszuführen, muss sich erst noch zeigen.
Überhaupt macht die ungewöhnliche Konstellation mit dem inzwischen getrennten Trainerduo die Bewertung der Arbeit Hyypiäs vorerst – zumindest von außen – unmöglich. Wie viel Lewandowski steckte in den Erfolgen der Vorsaison? Welche Nachwirkungen dieser Zeit waren für die starke Hinrunde relevant?
Erst wenn Hyypiä Bayer erneut in die Champions League führt, ist das sein eigenes Werk, niemand wird mehr denken: Der braucht doch eigentlich einen Partner mit starken rhetorischen Fähigkeiten und einer ansteckenden Leidenschaft an seiner Seite, um erfolgreich zu sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!