Tour de France: Kasachisches Roulette
Die 16. Etappe der Tour startete mit einem Fahrerstreik - aus Protest gegen Doping
BERLIN/PAU taz/ap/dpa Die Bilder erinnerten ein bisschen an den Festina-Skandal aus dem Jahr 1998 - nur dass die vorübergehend streikenden Radprofis dieses Jahr nicht gegen Doping-razzien und -ermittlungen protestierten, sondern gegen dopende Kollegen.
sind heute im Bummelstreik.
Einen Tag nach dem Aus für Dopingsünder Alexander Winokurow und dessen Astana-Team mit dem Deutschen Andreas Klöden verzögerten acht Teams, darunter die beiden deutschen Mannschaften T-Mobile und Gerolsteiner, aus Protest gegen Doping im Radsport demonstrativ den Start. Sie gingen erst mit einer Minute Verspätung hinter der Gruppe um den Führenden Michael Rasmussen und seinem Rivalen Alberto Contador auf die Strecke. Als der Däne Rasmussen, selbst im Fokus der Dopingvorwürfe, zur letzten Pyrenäen-Etappe auf den Aubisque startete, wurde er vom Publikum ausgepfiffen. Wie der Pressesprecher des Teams Gerolsteiner, Matthias Wieland, bestätigte, wollen die acht Mannschaften mit dieser Aktion Öffentlichkeit und Mitstreiter aufrütteln. Die acht Teams hatten sich am Dienstag zu der "Bewegung für einen sauberen Radsport" zusammengeschlossen.
"Der Radsport ist am Ende. Es muss etwas Neues kommen", sagte Tour-Legende Eddy Merckx und drückte damit auch seine Ratlosigkeit aus. Hans-Michael Holczer, Manager des Teams Gerolsteiner, kommentierte die Situation sarkastisch: "Gestern habe ich gesagt, wir stehen am Abgrund. Heute sind wir einen Schritt weiter."
Auch der Chef der Tour de France, Christian Prudhomme, hat den Radsport hart kritisiert und Fehler im System zugegeben. "Wir brauchen eine Revolution. Nur eine Revolution ändert das System", sagte der Franzose der Zeitung International Herald Tribune. Das System funktioniere nicht und betrüge die Fans. Trotzdem würde er den Radprofis raten, "nicht aufzugeben und weiterzukämpfen". Ein Abbruch der Tour komme nicht infrage.
Auf der Pressekonferenz vor dem Start der 16. Etappe wurde Prudhomme noch deutlicher: "Es wurde eine Chance vertan, die Fahrer spielen russisches Roulette mit der Glaubwürdigkeit des Radsports." Tour-Präsident Patrice Clerc fügte hinzu, dass sich die Menschen betrogen fühlten. "Die Menschen wollen wieder an die Helden der Landstraße glauben", sagte er. Er sei trotz der Enttäuschung über den Dopingfall Winokurow überzeugt, dass man auf dem richtigen Weg sei. "Wir werden den Kampf gegen Doping mit Erfolg zu Ende führen, wir werden das durchstehen bis zum Ende, um diesem Sport wieder sein Potenzial zu entlocken."
Angesichts der Dopingfälle bei der Tour hat die Expräsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer, Sylvia Schenk, Deutschland und Frankreich zu mehr Zusammenarbeit aufgefordert. "Frankreich und Deutschland zusammen wären im Radsport eine große Macht", sagte Schenk.
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