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Tour de France BergetappeGute Beine, schlechte Beine

Bereits auf der ersten schweren Etappe in den Vogesen handelt sich die Mehrheit der Mitfavoriten überraschend hohe Zeitrückstände ein. Bradley Wiggins erobert das gelbe Trikot.

Zu schnell für den Rest: Christopher Froome. Bild: dapd

BELLES FILLES taz | La Planche des Belles Filles heißt die Skistation in den Vogesen. Der Name geht auf eine Legende zurück. Derzufolge flüchteten während des Dreißigjährigen Kriegs hierher einige Dorfschönheiten vor der marodierenden schwedischen Soldateska. Als sie doch entdeckt wurden, zogen sie es vor, sich in den Freitod zu stürzen.

Ganz so dramatisch ging es am Samstag nicht zu, als die Tour de France die „Planke der schönen Mädchen“ erklomm. Aber Hunderttausende Zuschauer staunten über das höllische Tempo, in dem das Feld den zwar nur knapp sechs Kilometer langen, aber extrem fordernden Anstieg hinaufjagte.

Während reihenweise Mitfavoriten zurückfielen, durfte sich das Team Sky, das den Gegnern die mörderische Geschwindigkeit aufgezwungen hatte, nicht nur über den Tagessieg für Christopher Froome freuen, sondern auch über die Gesamtführung. Das Gelbe Trikot trägt seit Belles Filles Froomes Kapitän Bradley Wiggins.

Ganz anders erging es den als Mitfavoriten an den Start gegangenen Radprofis Alejandro Valverde, Jurgen Van Den Broeck, Robert Gesink, Bauke Mollema, Andreas Klöden, Fränck Schleck, Thomas Voeckler, Pierre Rolland, Ivan Basso und Denis Mentschow. Die handelten sich bereits an diesem ersten schweren Anstieg zum Teil erhebliche Zeitrückstände ein.

Verletzungen aus der ersten Tourwoche

Zuzuschreiben war das zum Teil den Blessuren nach vielen Stürzen in der ersten Tourwoche. Giro-Sieger Ryder Hesjedal, durchaus mit Hoffnung auf das historische Double angetreten, ging wegen Verletzungen erst gar nicht an den Start. Viele konnten aber einfach nicht schneller die steile Rampe hinauffliegen. Andreas Klöden erklärte seinen Rückstand von über zwei Minuten mit dem Standardsatz Nummer eins im Radsport: „Ich hatte schlechte Beine.“

Bessere Beine hatte Froome, ein in Kenia geborener Brite und bekannt starker Kletterer. Bereits bei der Vuelta 2011 hatte er mehrfach seinen Kapitän Wiggins in den Schatten gestellt und den Gesamtsieg wohl nur deshalb verpasst, weil das Management zu spät die Prioritäten veränderte. Froome wurde im letzten September in Spanien Zweiter, Wiggins Dritter.

Der damalige Sieger Juan José Cobo, der auch jetzt bei der Tour am Start ist, bescheinigte nun seinen beiden Rivalen sogar eine noch „bessere Form als damals“. Bei dieser Tour sind die Rollen zwischen Kapitän Wiggins und seinem Helfer trotz dessen Etappensieg aber klar verteilt, seit sich Froome bereits bei der ersten Etappe eineinhalb Minuten Rückstand einhandelte.

Deutsche Profis hatten bei dieser ersten Reifeprüfung der diesjährigen Tour wenig zu bestellen. Tony Martin quälte sich mit einer nach Kahnbeinbruch geschienten linken Hand den Berg hinauf, verlor auf halber Strecke aber den Anschluss. „Es war ein ganz harter Tag für ihn. Er hat unglaublich gelitten“, erklärte Teamarzt Helge Riepenhof. Martin hofft aber auf das Zeitfahren am heutigen Montag in Besançon.

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4 Kommentare

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  • WM
    Wolfgang Mühe

    Behauptet ja keiner, daß in anderen Sportarten nicht auch gedopt würde. Nur bei den Profi-Radlern gehört es eben zwingend dazu. Verbotene leistungssteigernde Mittel gehören zum Profi-Radsport wie das Rennrad. Wer dies als ambitionierter Jungprofi nicht akzeptiert, der fliegt. Ich persönlich schaue mir die Rennen trotzdem gerne an. Wieso? Weil ich zynisch bin. Sollen sie doch betrügen. Haben doch in diesem System alle ähnliche Möglichkeiten des Betrugs. Und vielleicht gibt es schon morgen einen Märtyrer.

  • KT
    Klaus Treaupheaup

    Es tut sicher ungemein gut, Menschen, deren Leistung der normale Otto nicht ansatzweise nachzuvollziehen vermag unter Generalverdacht zu stellen, um wenigstens für einen naiven Moment das Gefühl genießen zu können, man selbst wäre in der Lage, vergleichbares zu leisten. Aber lasst euch Folgendes gesagt sein: Seid ihr nicht. Profisportler verdienen ihr Geld mit dem Siegen. Und solange dies der Fall ist, ist der Sport korrupt. Wer sich also über dopende Radfahrer beschwert, dem bleibt nur eins zu tun. Trainieren, eigene, nicht gesponsorte, preisgeldlose Rennen organisieren, Gewinnen.

    Und den englischen Praxisphilosophen sei gesagt: Wer als Filosohf nicht mehr in der Lage ist, Grundsätze zu lesen, der sollte besser Rad fahren, ihr Furzköpfe.

  • A
    AllesGleich

    Die berichten ja auch über Fußball, Leichtathletik, Biathlon .... .

  • DG
    Dr. Greenthumb

    Frage: Woran erkent man bei der Tour de France einen gedopten Fahrer? Antwort: Am gelben Trikot.

     

    Ist es euer ernst, dieser verseuchten Veranstaltung auch noch eine Plattform zu bieten? Spannendste Frage auch diesmal: Wievielen Fahrern wird der Gesamtsieg wohl nachträglich aberkannt?