Tote auf dem Tiananmen-Platz in Pekling: Uigurischer Terrorakt vermutet

Zwei Tage hat die chinesische Polizei geschwiegen. Nun sprechen die Behörden von einem Anschlag der Uiguren. Mehrere Menschen wurden festgenommen.

Polizei an der Unfallstelle auf dem Tiananmen-Platz. Bild: dpa

PEKING dpa/ap | Die Pekinger Polizei hat den tödlichen Zwischenfall vor dem Kaiserpalast erstmals als Terrorakt eingestuft. Fünf Verdächtige seien bereits zehn Stunden nach der Attacke am Montagmittag festgenommen worden, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Sie hätten ihre Mithilfe an der Attacke am Tiananmen-Platz (Platz des Himmlischen Friedens) bereits gestanden.

In dem ausgebrannten Geländewagen vor der Verbotenen Stadt hatten Ermittler Benzin, zwei Messer, Eisenstäbe und eine Flagge mit extremem, religiösem Inhalt gefunden. Unklar ist, warum die Behörden mit ihrer Veröffentlichung so lange gewartet hatten.

Aus der Darstellung der Polizei wird klarer, was am Montag überhaupt passiert war: In einem mit Benzin beladenen Auto saßen ein Mann, seine Mutter und seine Frau. Von einer Nebenstraße bogen sie auf einen Bürgersteig am Tiananmen-Platz ein. Dann gaben sie Gas und rammten sich durch die Menschenmenge, bis sie kurz vor dem Eingang zum Kaiserpalast gegen einen Brückenpfeiler stießen. Dann zündeten sie das Benzin im Auto, und der Wagen brannte unmittelbar vor dem riesigen Porträt des Revolutionsführer Mao Tsetung aus.

Neben den drei Insassen starben zwei Touristen, 40 Menschen wurden verletzt. Laut chinesischen Medien wurden auch am Mittwoch noch Touristen und Polizisten in Pekinger Krankenhäusern behandelt. Im Zuge der Ermittlungen nahmen die Beamten noch am gleichen Tag die fünf weiteren Verdächtigen fest. Bei ihnen stellten die Polizisten Messer und mindestens eine Flagge mit einem Aufruf zum Dschihad sicher.

Die Verdächtigen sollen den Beamten gestanden haben, dass sie bei der Vorbereitung des Anschlages halfen, sagte ein Polizeisprecher der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Die Namen der Verdächtigen und der Attentäter deuten darauf hin, dass es sich bei allen um muslimische Uiguren handelt.

Grundlage für Repressionen

Zuvor hatte der Weltkongress der Uiguren vor einer pauschalen Verurteilung der Uiguren im Land gewarnt. „Die chinesische Regierung wird nicht zögern, den Vorfall als Grundlage für weitere Repressionen gegen Uiguren auszulegen“, sagte die Präsidentin des Kongresses, Rebiya Kadeer, laut einer Mitteilung. Er sei noch niemals so besorgt um die Zukunft der Uiguren gewesen. „Chinas Behördenvertreter haben den Kampf gegen Terrorismus so ausgelegt, dass er das scharfe Vorgehen gegen Uiguren rechtfertigt.“

Die Lage in Xinjiang ist seit schweren Unruhen 2009 mit mehr als 200 Toten besonders angespannt. In den vergangenen Monaten gab es wiederholt blutige Zwischenfälle. Die turkstämmige, muslimische Minderheit der Uiguren fühlt sich von den Chinesen unterdrückt. Peking hingegen sieht „Separatisten und Terroristen“ am Werk.

Die chinesischen Medien hatten zunächst auffallend zurückhaltend über den Vorfall am Tiananmen-Platz berichtet. Augenzeugenberichte und Fotos auf Internetseiten wurden von der staatlichen Zensur schnell wieder gelöscht, mit dem Vorfall verbundene Suchbegriffe wie „Tiananmen“ und „Bombe“ lieferten keine Informationen.

Der Anschlag auf das symbolische Herz der Volksrepublik bedeutet nach Einschätzung von Experten ein peinliches Versagen von Polizei und Geheimdienst. Seit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung im Sommer 1989 steht der Tiananmen-Platz im Zentrum der Hauptstadt unter stetiger umfassender Bewachung.

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