piwik no script img

Tödliche Krankheit MalariaErstmals Impfstoff vor Zulassung

Jeder zweite Mensch weltweit ist von Malaria bedroht. An einem Impfstoff forschen Wissenschaftler seit Jahrzehnten. Jetzt steht ein Mittel vor der Zulassung.

Klein, aber potenziell tödlich: eine Stechmücke. Foto: dpa

London dpa | Die tödliche Krankheit beginnt unscheinbar. Ein Stich einer infizierten Mücke reicht aus, um sich mit Malaria anzustecken. Erst nach Tagen merken die Betroffenen, dass etwas nicht stimmt. Für viele ist es dann schon zu spät. Jedes Jahr sterben nach Schätzungen knapp 600.000 Menschen an Malaria.

Nun gibt es Hoffnung: Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) gab am Freitag in London bekannt, dass sie das Mittel Mosquirix empfiehlt – als ersten Malaria-Impfstoff weltweit. Dies gilt als wichtiger Schritt vor einer Zulassung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) begrüßte die Entscheidung als einen „wichtigen Meilenstein“.

Nach Einschätzung der EMA ist die Wirksamkeit von Mosquirix zwar begrenzt, doch überwiegen die Vorteile die Risiken. Andrew Witty, Chef des Herstellers GlaxoSmithKline (GSK), sprach von einem „sehr bedeutsamen Beitrag“, der zwar nicht die endgültige Antwort auf Malaria sei, aber helfe, die Krankheit unter Kontrolle zu halten.

Weltweit lebt etwa jeder zweite Mensch in einem Malaria-Risikogebiet, doch die weitaus meisten Todesfälle entfallen auf Afrika: Dort stirbt nach Angaben der WHO jede Minute ein Kind an der Infektionskrankheit. In Deutschland wurden laut Robert Koch-Institut im vergangenen Jahr mehr als 1000 Erkrankungen gemeldet, meist importierte Infektionen nach Reisen in die Tropen.

Auf der Suche nach einem Gegenmittel machten sich die Forscher mit Mosquirix den Feind zunutze. Denn der Impfstoff, der in Fachkreisen RTS,S genannt wird, basiert auf einem Oberflächenprotein eben jener Parasiten, die von Mücken übertragen werden. Wird ein Mensch mit Mosquirix geimpft, lernt sein Immunsystem diesen Stoff kennen. Infiziert sich der Geimpfte dann mit dem Malaria-Erreger, kann es den Eindringling daher sofort bekämpfen. Zumindest in der Theorie.

Getetest wurde der Impfstoffs ab 2009 in einer großen Studie in sieben afrikanischen Ländern. Knapp 9000 Kleinkinder im Alter von 5 bis 17 Monaten und etwa 6500 Säuglinge im Alter von sechs bis zwölf Wochen wurden dazu in drei Gruppen eingeteilt. Sie erhielten vier Impfungen – je nach Gruppe entweder durchgängig mit Mosquirix, erst mit Mosquirix und bei der Auffrischung mit einem Kontrollstoff oder nur mit dem Kontrollstoff.

Geld von der Gates-Stiftung

Ergebnis: Jene Kinder, die vier Dosen Mosquirix bekamen, erkrankten im Zeitraum von drei bis vier Jahren seltener an Malaria. Der Impfschutz lag bei 26 bis 36 Prozent, berichtet Peter Kremsner vom Universitätsklinikum Tübingen, der die Studie in Gabun leitet. Das sei zwar nicht befriedigend, aber das Beste, was es nach 100 Jahren Forschung bislang gebe. „Bisher hatten wir immer nur null oder sogar eine schädliche Wirkung mit den verschiedenen Impfstoffkandidaten.“

Dieses positive Ergebnis hatten zu Beginn der Studie nicht alle Forscher erwartet. Als die Stiftung von Software-Milliardär Bill Gates und seiner Frau Melinda die Studie in Afrika mit mehr als 200 Millionen Dollar (182 Millionen Euro) forcierten, waren einige Wissenschaftler skeptisch. Rolf Horstmann vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg spricht daher nun von einem Überraschungserfolg.

Allerdings: Die Wirksamkeit von Mosquirix lässt schon nach einem Jahr deutlich nach, auch das zeigt die Studie. Und ob eine jährliche Auffrischung den Impfschutz dauerhaft aufrechterhält, ist bislang nicht ausreichend geprüft, sagt Kremsner. Auffällige Nebenwirkungen gab es während der Studie im Vergleich zur Kontrollgruppe immerhin kaum.

Rebound-Effekt?

Horstmann wirft aber eine Frage auf: Hat Mosquirix einen Rebound-Effekt – erkranken die Geimpften nach vier Jahren also vielleicht sogar häufiger oder schlimmer, weil die Impfung die Entwicklung der natürlichen Immunität stören könnte? Das sei noch nicht geklärt, sagt er. „Bei RTS,S können wir von so einem Phänomen aber nicht ausgehen, dafür ist die Wirksamkeit auch zu gering“, entgegnet Kremsner.

Geht es nach GSK, soll das Produkt schon bald auf den Markt kommen. Immerhin ist das Unternehmen ein milliardenschwerer Pharmagigant, der Geld verdienen will – auch wenn Mosquirix nach eigenen Angaben nur einen vergleichsweise geringen Gewinn von fünf Prozent bringen soll.

Gespritzt werden soll der Impfstoff ausschließlich außerhalb der EU. Wo und wann Mosquirix zugelassen wird, entscheiden die betroffenen Länder selbst. Frühestens ist damit laut WHO im Jahr 2017 zu rechnen. Vorher will die WHO bis November 2015 selbst noch eine Einschätzung zu Mosquirix geben. Hat auch sie keine Bedenken, steht der Zulassung des Mittels nach Expertenmeinung nichts mehr im Wege.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Eine Hofnung, nicht mehr, nicht weniger. Wer schon mal Monatelang in Malriagebieten arbeiten durfte, die Nebenwirkungen der Medikamente nicht mehr aushielt und die Krankheit der ansässigen Bevölkerung erlebte, die Angst um ihre Kinder bei jeder verdammten Mücke, der weiß wie sehr eine Impfung herbeigeseht wird. Hoffe es wird ein Erfolg nach Jahrzehnten von Mißerfolgen.

  • Nein, meine Rechenweise ist völlig in Ordnung.

    Im Übrigen ist das in der Tat nicht "meine" Rechenweise, sonder die der Pharma-Branche.

     

    Natürlich beziehen sich die von mir genannten Zahlen auf (hier gegen Grippe) geimpfte, bzw. nicht geimpfte Personen die dem Erreger ausgesetzt sind.

     

    Ich würde Ihnen empfehlen die zitierte Studie zu lesen: Systematische Untersuchung und Meta-Analyse«. Eine im Dezember 2012 im Wissenschaftsmagazin Lancet veröffentliche Studie. (Zusammenfassung – Englisch Wirksamkeit der Grippeimpfung). Michael Osterholm und ein Team vom Center for Disease Research and Policy (CIDRAP) der Universität von Minnesota durchforsteten Studien und sprachen mit Experten.

  • auf jeden Fall ein Bombengeschäft,aber wenn nebenbei Menschenleben gerettet werden ok, obwohl ch on der ganzen Malaria dings nicht i3il halte, am Anfang meiner Auslanddseinsätze hab ich auch Pillen geschluckt, bloss waren die Nebenwirlungen, taube hände usw, so, , dass ich das Zeug weggeworfen habe, intressant war mal ein Bericht o Bau des Panamakanal, erst als man die Sümpfe usw trockenlegte, gingen die Erkrankungen drastisch urück, dh den Asbekt der Bekämfung der Fliege bleibt ausen vor, zudem werden erst in einigen Jahren, zu sehen sein, ob die Impfung erfolg haben wird, zum anderen erkennt ein deutscher Hausarzt eine Malaria erkrankung kaum, so starb eine schweizer Postbote, an Malaria, der Mann war nie in den Tropen, man vermutete. dass eine Fliege vom nahen Flughafen den Mann gestochen hatte

  • Malaria ist die klassische Krankheit, die sinnvollerweise mit öffentlicher Hygiene (Sümpfe trockenlegen, Überträgermücken töten) bekämpft werden muß.

    Das DDT-Verbot hat letztlich Millionen Menschen getötet.

    Die vorgestellte Impfung wird ein teurer Irrweg sein, der überhaupt nur durch die Bill-Gates Stiftung machbar wurde.

    Bestenfalls wird GlaxoSmithKline daran etwas verdienen.

     

    @ANUSANDHAN

    Ihre Rechenweise ist nicht korrekt.

    Ein Impfstoff kann doch nur dann einen Wirkung entfalten, wenn der Geimpfte eine Chance hat mit dem Krankheitserreger in Kontakt zu kommen.

    Natürlich muß man sich nicht impfen lassen, wenn man ausschließen kann, angesteckt zu werden. Tatsächlich läßt man sich insbesondere bei schweren/gefährlichen Krankheiten aber auch dann impfen wenn die Ansteckung sehr unwahrscheinlich ist.

    Und das ist ja nicht nur für einen selber sinnvoll sondern auch für die allgemeine Hygiene - um eben den ausbruch einer Epidemie einzuschränken oder zu verhindern.

     

    Im Fall des Malariaimpfstoffes kann man davon ausgehen, daß 26-36% derjenigen die von einer mit Malariaerregern "besetzten" Mücke gestochen wurden, es zu keinem Malariaausbruch gekommen ist. Wenn die Zahlen stimmen sollten (es gibt da zahlreiche Fehler- und Manipulationsmöglichkeiten) wäre das ein schöner Erfolg.

    Wie oben beschrieben halte ich es dennoch für einen Irrweg.

  • Mich würde interessieren wie die 26 - 36 % zustande kommen. Es gibt in der Branche eine verbreitete Art der "Zahlenmassage". So wie z.b. bei der Grippeimpfung:

     

    Grippeimpfstoffe verhinderten nur bei 1,5 von 100 geimpften Erwachsenen eine Grippeerkrankung.

    Diese Zahl findet sich in der Studie: Wirksamkeit und Effizienz von Grippeimpfstoffen: Systematische Untersuchung und Meta-Analyse«.   Eine im Dezember 2012 im Wissenschaftsmagazin Lancet veröffentliche Studie.  (Zusammenfassung – Englisch Wirksamkeit der Grippeimpfung). Michael Osterholm und ein Team vom Center for Disease Research and Policy (CIDRAP) der Universität von Minnesota durchforsteten Studien und sprachen mit Experten.

    Falls Sie verständlicherweise nicht verstehen wie die 1,5,% zustandekommen:

     

    Betrachten Sie zunächst die tatsächlichen Zahlen aus der Studie. Die »Kontrollgruppe« von Erwachsenen bestand aus 13.095 nicht Geimpften, die darauf beobachtet wurden, ob sie an Influenza erkrankten. Bei über 97 Prozent war dies nicht der Fall. Nur 357 erkrankten an Grippe, das heißt: Nur 2,7 Prozent dieser Erwachsenen wurden überhaupt krank.

    Die »Behandlungsgruppe« bestand aus Erwachsenen, die mit einem trivalenten inaktivierten Influenza-Vakzin geimpft wurden. Laut Studie erkrankten von dieser Gruppe nur 1,2 Prozent an der Grippe.

    Der Unterschied zwischen beiden Gruppen beträgt also 1,5 von 100 Personen.

    Veröffentlicht wird allerdings das Verhältnis zwischen 1,2 und 2,7 %, d.h. es wird eine Wirksamkeit von 55 % veröffentlicht.

    Wenn die angegebene Wirksamkeit v. 26 - 36 % den tatsächlichen Schutz angibt, wäre das ein Fortschritt. Im anderen Fall wären die Impfungen wohl eher eine Art der gewinnbringenden Körperverletzung.

    • @Anusandhan:

      Natuerlich bezieht sich die Wirksamkeit auf die Anzahl der verhinderten Erkrankungsfaelle, nicht auf die Gesamtbevoelkerung (von der "nur" ein Teil ueberhaupt exponiert wird und somit Gefahr laeuft zu erkranken). Wie haeufig die Infektionskrankheit ueberhaupt vorkommt, ist eine andere Frage; eine weitere, wie schwer sie verlaeuft. Haetten Sie als armer Bauer im laendlichen Tiefland von Kenia kleine Kinder und die Chance, durch Impfung deren Risiko zu verringern, lebensbedrohlich an Malaria zu erkranken, waeren selbst 26-36% nicht schlecht....

      • @Wolfgang Preiser:

        Sie haben offenbar den Inhalt meines Kommentars nicht wirklich verstanden.

        Es geht hier um Zahlenspielereien der Branche. Es geht um die tatsächliche Verminderung von Erkrankungen in Vergleichsgruppen, z.B 100/100, 1000/1000, 10000/10000, zu prüfender Impstoff/Placebo. Und hier kann ein miserables Ergebnis (1,5 %) mit einem kleinen Trick (1,5 zu 2,7 %) auf 55 % aufgeblasen werden. Trösten Sie sich: Ich selbst habe lange gebraucht um diese Art der "Zahlenmassage" zu verstehen :-))) Und um Missverständnissen vorzubeugen:

        Ich bin kein "Impfgegner". Mir geht es um einen erheblichen Mangel an Transparenz bei der Methode der Berechnung der veröffentlichten Zahlen der Wirksamkeit eines Impfstoffes.