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Todesstrafe in den USASuche nach humaner Hinrichtung

Fast alle Delinquenten werden in den USA mit der rechtlich umstrittenen Giftspritze getötet. Gerichte behandeln Klagen von Todeskandidaten uneinheitlich.

„Stoppt Hinrichtungen“ steht auf diesen Ansteckern am Rande einer Demonstration gegen die Todesstrafe in Washington. Bild: dapd

BERLIN taz | Schon Ende des 19. Jahrhunderts gab es in den USA unter Gefängnispersonal und Zuschauern der damals noch meist öffentlichen Hinrichtungen am Galgen Nervosität und Unwohlsein, wenn der Betroffene nicht sofort tot war. Berichte aus jener Zeit zeugen von Delinquenten, die würgend und zappelnd am Galgen hingen. Wächter fielen in Ohnmacht, das Publikum schrie und kotzte.

Alle Modernisierungen, insbesondere die Einführung des elektrischen Stuhls 1890, hatten das Ziel, Hinrichtungen für den Gefangenen schmerzfreier und für Henker leichter verdaubar zu machen. Erst Ende des 20. Jahrhunderts wurde auch der elektrische Stuhl, auf dem es zu furchtbaren Szenen gekommen war, als zu grausam angesehen.

Seit der Wiedereinführung der Todesstrafe 1976 wurden 1.125 der insgesamt 1.299 Hinrichtungen in den USA mit der Giftspritze durchgeführt, 157 mit dem elektrischen Stuhl, elf in der Gaskammer und je drei am Galgen oder durch Erschießungskommandos. Alle Methoden außer der Giftspritze werden nur noch in einigen Bundesstaaten verwendet und nur, wenn der Verurteilte das selbst so verlangt.

Der Todeskandidat Clarence Hill klagte 2006 unter Berufung auf den 8. Verfassungszusatz von 1791 gegen seine Hinrichtung per Spritze. Der Verfassungszusatz verbietet „grausame und ungewöhnliche Strafen“. Es sei nicht auszuschließen, dass ihm große Schmerzen zugefügt würden. Öffentlich wurde diskutiert, ob die Giftspritze Schmerz ausschließt – oder ob der Betroffene nur nicht mehr in der Lage ist, ihn zu zeigen. Der Oberste Gerichtshof bestätigte Hills Klagerecht. Andere Gerichte schlugen jedoch seinen Antrag auf Aufschub nieder. Hill wurde hingerichtet.

Seither steht die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Methode im Raum. Das macht die Ankündigung Missouris, auf Propofol als einziges Tötungsmedikament ohne den bisherigen Dreischritt Muskellähmung – Lungenlähmung – Herzstillstand zu setzen, so heikel.

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11 Kommentare

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  • M
    MeierKurt

    Ich bin Generell gegen die Todesstrafe, darum möchte auf einen wichtigen Fall aufmerksam machen:

     

    Es handelt sich dabei um den Farbigen Jamaikaner

    namens Lancelot Armstrong.

     

    Es gibt zu ihm eine Webseite, die genaueres erläutet,

    wie z.b das er SEIT ÜBER 20 JAHREN in der Todeszelle von Florida (USA) auf seine

     

    hinrichtung wartet, obwohl er stets seine Unschuld beteuert und auch die Belastungszeugen

     

    Lancelot entlastet haben.

     

    www.lancelot-armstrong.de

     

    Die Websseite setzt sich logischerweise kritisch mit dem Thema

    Todestrafe auseinander. Man erfährt vieles über die schrecklichen Hinrichtungsmethoden und

     

    vieles mehr.

     

    Auch gibt es dort eine Petition die man Unterschreiben kann.

    Eine sehr Informative Seite. Ich finde ein besuch lohnt sich.

  • M
    Miriam

    @ Ex Inmate:

     

    Ich habe aus deinem Kommentar keinen ersichtlichen Grund für eine Hinrichtung herauslesen können. Wenn man dein Beispiel betrachtet, sollte man vielleicht eher darauf eingehen, warum ein Mensch zum Täter wird. Die Tat ist nur ein Symptom für Probleme die sich aus der Umwelt heraus im Menschen bilden.

    Man sollte die Probleme im Ansatz erkennen und mit entsprechender Therapie und Rehabilitation bekämpfen und nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, denn das führt zu nichts.

  • S
    Solkar

    Der achte Zusatzartikel zur US-Verfassung lautet

     

    http://en.wikipedia.org/wiki/Eighth_Amendment_to_the_United_States_Constitution

    "Excessive bail shall not be required, nor excessive fines imposed, nor cruel and unusual punishments inflicted."

     

    ---

     

    Jener Einzeiler scheint, zumindest für Juristen, zu schwierig zu verstehen zu sein, da man sich z.B. fast 120 Jahre lang darum streiten konnte, ob es vlt nicht doch "cruel and unusual" sein könnte, Menschen in einer Weise, die ihre inneren Organe durch Starkstrom kocht oder verbrennt, zu töten.

     

    Der juristische Laie hingegen hätte sowas ohne Schwierigkeiten als "cruel and unusual" erkennen können - aber was wissen wir Laien schon...

     

    Vielleicht einigen sich die Herren Juristen dann binnen der nächsten 100 Jahre darauf, dass auch die Hinrichtung per Giftspritze "cruel and unusual" ist und vlt kommt man dann binnen der nächsten 1000 Jahre sogar darauf, dass Töten insgesamt "cruel and unsual" ist?

     

    Dazu braucht's natürlich viele Juristen, viele Gutachter, viele Kampagnen und v.a. Zeit - VIEL Zeit.

     

    Wir Laien würden sowas vmtl. nur wieder übers Knie brechen wollen und am Ende noch auf die Idee kommen, dass schon die nächste Hinrichtung nicht stattfinden sollte.

  • EI
    Ex Inmate

    Ich bin in vielen Fällen für die Hinrichtung.

    Denn:

     

    Während meiner Haftzeit in USA, wurde ein 18 jähriger

    junger Mann eingeliefert, den man 8 Morde nachweisen konnte. Er arbeitete immer nach folgender Methode.

     

    Erst abstechen und dann ausrauben!

     

    Nach seiner Verurteilung und Verlegung hörte ich wieder etwas von dieser Bestie. Sein Pech, er hatte eine Figur wie Naomi Cample und wurde täglich Xmal vergewaltigt.

     

    Als ich dies erfahren hatte, war er erst drei Monate in seiner neuen Umgebung und hatte schon 5 Mißglückte Schelbstmordversuche hinter sich.

     

    No mercy!

  • JB
    Jakob B.

    @Anton Gorodezky:

    Ich habe das anders gemeint. Für mich ist es unmöglich eine "humane" Hinrichtungsart zu finden, da ich jede Hinrichtung für bestialisch und unzivilisiert halte. Deshalb sollte man die Frage umformulieren und nicht fragen "Wovor habe ICH am wenigstens Angst". Unerwarteter Nahschuss? Stellen Sie sich das als Prinzip vor: Zehn Jahre Todeszelle und nie wissen, ob es gleich soweit ist ... . Ist das Ihr Ernst?

     

    Für mich gibt es keine ethisch akzeptable Hinrichtung durch einen rational agierenden Staat, egal wie ich mir die Frage stelle.

  • H
    Humanistin

    Hinrichtung und human? Was geht bloß in solchen Gehirnen vor, die beide Wörter in einem Satz bringen können?

  • AG
    Anton Gorodezky

    @Jakob B.

    Mein Sohn oder meine Tochter sollen weder hingerichtet noch (lebenslang) eingesperrt werden.

     

    Formulieren wir die Frage so: wären Sie zum Tode verurteilt, wie würden Sie hingerichtet werden wollen? (wenn "überhaupt nicht" nicht zur Auswahl steht selbstverständlich).

     

    Ich habe über diese Frage selbst schon nachgedacht. Und sollte ich jemals zum Tode verurteilt werden, dann möchte ich bitte durch den unerwarteten Nahschuss oder durch die Guillotine sterben.

     

    In wieweit eine Hinrichtung für Henker oder Zuschauer leicht verdaubar sein soll, verstehe ich nicht. Zuschauer sind nicht zum Erscheinen verpflichtet und wer es nicht über's Herz bringt, Menschen umzubringen, darf halt kein Henker werden. Es kann ja auch nicht jeder Fleischer werden.

     

    Auch wenn der Beitrag sicherlich nicht so klingt: ich bin gegen die Todesstrafe. Die höchste Strafe unseres Rechtssystem sollte die lebenslängliche (also bis zum Tode andauernde) Unterbringung in einer Haftanstalt sein.

  • C
    Ceres

    Leider wird es immer Hinrichtungen in den USA geben. Dafür sind diese viel zu sehr gesellschaftlich Akzeptiert und Zementiert. Man schaut sich mal die Szenen an die sich teilweise vor Gefängnissen abspielen, wenn ein "böser" Vergewaltigungs/Massen/Serienmörder hingerichtet wird. Ein Volksfest sondergleichen, dass Mittelalter lässt grüßen. Natürlich vorrausgesetzt der Fall wurde auch Medial völlig ausgeschlachtet.

    Aber was soll man von einem Land erwarten, dass als Antwort auf dem Massaker bei The Dark Knight Rises ernsthaft mehr Waffen vordert.

  • JB
    Jakob B

    Eine menschliche Hinrichtungsart? Alle Hinrichtungsarten sind menschlich, denn kein anderes Wesen auf unserem Planeten richtet Artgenossen hin. Vielleicht hilft es die Frage "Wie würde ich hingerichtet werden wollen?" anders zu formulieren: Wie sollten meine Tochter oder mein Sohn hingerichtet werden? Ich denke, für jeden normalen Menschen ist die Antwort klar.

    Ich wünschte mir, die exekutionsgeilen Protagonisten der Todesstrafe würden mal einen Blick auf den besonnenen Umgang der Norweger mit der Straffrage werfen. Eine zivilisierte Gesellschaft exekutiert nicht!

  • W
    Wiebke

    Überhaupt den Begriff human im Zusammenhang mit Hinrichtung zu gebrauchen ist absoluter Schwachsinn. Niemand hat das Recht einen anderen Menschen zu töten, es sei denn in Notwehr um sich und andere vor einer unmittelbaren Bedrohung zu schützen. Das ist meine Meinung!

  • KF
    Öko Fritz

    "Du sollst nicht töten!"

     

    Das gilt für alle...