Todesschüsse auf Regensburger Studenten: Zweifel an Notwehr

Ein Gutachten nährt Zweifel daran, dass die tödlichen Schüsse auf den Studenten Tenessee Eisenberg in Notwehr geschahen. Seine Familie fordert, dass der Einsatz am Tatort rekonstruiert wird.

Ein neues Gutachten nährt Zweifel an der Notwehr-Situation. Bild: ap

REGENSBURG dpa/taz | Knapp fünf Monate nach den tödlichen Polizeischüssen auf den Regensburger Studenten Tennessee Eisenberg gibt es neue Zweifel an einer Notwehrsituation der Beamten. "Anders als das Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen halten wir es für sehr fraglich, ob zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen einer Nothilfe oder Notwehr vorlagen", teilten die drei Rechtsanwälte der Familie Eisenberg am Donnerstag mit.

Laut einem neuen Gutachten sei der 24-Jährige durch acht Treffer in Arme, Beine und die Lunge bereits schwerst verletzt gewesen, bevor die vier tödlichen Schüsse auf die Brust des Studenten abgegeben worden waren, so die Anwälte.

Eisenberg hatte Ende April einen Mitbewohner mit einem Messer bedroht. Der Zimmernachbar konnte flüchten und die Polizei alarmieren. Als die Beamten kamen und auf den immer noch mit dem Messer bewaffneten Studenten trafen, eskalierte die Situation. Eisenberg starb kurz nach den Schüssen in einer Regensburger Klinik.

Die Angehörigen zweifeln die offiziellen Ermittlungen an und haben deshalb bei einem Sachverständigen des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Münster ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben.

Die Regensburger Staatsanwaltschaft hatte den Einsatz zunächst als sogenannte Nothilfe bewertet. Der Student soll auf einen Beamten losgegangen sein, deswegen sollen Kollegen den 24-Jährigen erschossen haben.

Die Anwälte der Familie schildern nun allerdings einen ganz anderen Hergang. Demnach soll der schießende Polizist bei den tödlichen Schüssen an der Haustür gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt sei kein anderer Beamter mehr in dem Gebäude in einer Gefahrenlage gewesen sein.

Außerdem handele es sich bei dem Schützen um einen Polizisten, der sechs Jahre bei einer Spezialeinheit gearbeitet habe und daher in Selbstverteidigung besonders geschult sei, erklärten die Anwälte. Sie verlangen, dass der Einsatz nun am Tatort rekonstruiert wird.

Der Leitende Regensburger Oberstaatsanwalt Günther Ruckdäschel wollte das neue Gutachten zunächst nicht bewerten. Die Prüfung könne mehrere Wochen dauern. "Wenn da wirklich etwas anderes drinsteht, werden wir die anderen Gutachter dazu befragen müssen", sagte er.

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