Todesfall im Frankfurter Hauptbahnhof: Die gefühlte Sicherheit
Spezielle Sperren an Bahnhöfen könnten verhindern, dass Reisende auf Gleise stürzen. Aber der Aufwand, sie einzubauen, wäre immens.
Aber auch mehr Sicherheitsmaßnahmen können solche Taten nicht verhindern. Davon überzeugt ist zumindest die Vorsitzende der VerkehrsministerInnenkonferenz, die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD). „Eine solche Tat offenbart keine Sicherheitslücke, sondern eine Menschlichkeitslücke“, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Tatsächlich können mehr Sicherheitskräfte, Kontrollen oder Videoüberwachung Fahrgäste nicht vor BahnschubserInnen schützen. Aber sie erhöhen das Sicherheitsempfinden der BürgerInnen.
Nicht simulierte, sondern echte Sicherheit an Bahnsteigen vor Stürzen ins Gleisbett ist aber durchaus möglich: Trennmauern oder -gitter am Bahnsteig können dafür sorgen, dass Fahrgäste nicht ins Gleisbett fallen oder geschubst werden können.
Sperren an den Wagontüren
In Japan sind in den vergangenen Jahren an etlichen Bahnhöfen Sperren zwischen Gleise und Bahnsteige gebaut worden. Ist der Zug eingefahren, öffnen sich die Sperren an den Türen der Wagons, so dass Reisende ein- oder aussteigen können. Danach schließen sie sich wieder, so dass niemand auf die Gleise fallen oder geschubst werden kann.
Der Fahrgastverband Pro Bahn steht solchen Maßnahmen skeptisch gegenüber. Denn der Aufwand, die mehr als 5.600 Personenbahnhöfe in Deutschland mit diesen Sperren auszustatten, wäre immens. „Das wäre höchstens an den großen Bahnhöfen möglich“, sagt Detlef Neuss von Pro Bahn.
Und dann müssten die Anlagen einige hundert Meter lang sein, um den ganzen Bahnsteig zu schützen. Aber nicht nur an den großen Verkehrsknotenpunkten wie Frankfurt am Main oder Berlin gibt es BahnschubserInnen.
Am 20. Juli ist im niederrheinischen Voerde eine 34-jährige Frau gestorben, nachdem sie von einem unter Drogen stehenden Mann ins Gleis gestürzt und von einem Zug überrollt wurde.
„Nicht flächendeckend praktizierbar“
Eine Alternative zu Sperren wäre, den Bahnsteig für Fahrgäste erst zugänglich zu machen, wenn der Zug eingefahren ist. Die Reisenden warten bei diesem System in einem abgetrennten Gebiet oder Raum.
Das gibt es etwa in China. Dort steigen die PassagierInnen an der einen Seite ein und an der anderen aus, so dass sich nicht gegenläufige Menschenströme begegnen. Punktuell gibt es solche Anlagen auch in Deutschland, zum Beispiel im Brandenburgischen Wünsdorf.
Anke rehlinger, verkehrsministerin saarland (SPD)
„In Deutschland sind solche System nicht flächendeckend praktizierbar“, sagt Neuss. Vor allem bei großem Fahrgästeandrang an Verkehrsknotenpunkten, etwa im Berufsverkehr, könnte diese Lösung sogar gefährlich werden, fürchtet er. Denn durch großes Gedränge entstehen neue Risiken, vor allem für Menschen mit Handicap, die etwa einen Rollator oder Krücken brauchen.
Um die Sicherheit für sich selbst zu erhöhen, rät Neuss Reisenden, nicht nahe an den Bahnsteigrand zu gehen – nicht nur wegen möglicher Bahnschubser, sondern auch wegen anderer Gefahren wie dem Sog ein- oder vorbeifahrender Züge. Ein Mindestabstand von 1,5 Meter bis 2 Meter ist sinnvoll, sagt er.
Mehr Personal und mehr Geld
Generell fordert der Fahrgastverband Pro Bahn mehr Personal an Haltepunkten und Bahnhöfen – auch, aber nicht nur wegen des Sicherheitsempfindens der Fahrgäste. „Das ist schon für die Information wichtig“, sagt Neuss. „Das kann die Bahn aber nur leisten, wenn sie mehr Geld bekommt.“
Anders als im Fernverkehr hält Neuss bauliche Maßnahmen zum Schutz vor Stürzen und SchubserInnen im U-Bahn-Verkehr für möglich. Anders als bei den Zügen der Deutschen Bahn werden hier oft die gleichen Waggons eingesetzt. Das erleichtert den Einbau der Schutzanlagen, denn die Bahnen können mit den Türöffnungen stets an der gleichen Stelle vor den Öffnungen der Sperren halten.
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