Tod von Umweltschützer Hubert Weinzierl: Einer, der Natur fühlte
Er gründete den ersten deutschen Nationalpark und führte jahrzehntelang die großen Verbände. Hubert Weinzierl prägte die Umweltpolitik. Nun ist er gestorben.
Als Kind sei er vor den Schrecken des Krieges in die Natur geflüchtet, erzählte der 1935 geborene Ingolstädter in Interviews. Später studierte er in München Land- und Forstwirtschaft und traf auch auf den Zoologen Bernhard Grzimek und den Verhaltensforscher Konrad Lorenz. Gemeinsam trieben sie die Debatte über die Notwendigkeit von politischem Naturschutz voran – gegen den lange Zeit großen Widerstand in der Bevölkerung.
Weinzierls allererster großer Erfolg war die Gründung des ersten deutschen Nationalparks im Bayerischen Wald 1970, ein Projekt, das er beharrlich vorangetrieben hatte. Parallel begann er, den BN zu einer starken und konfliktfreudigen Umweltorganisation zu entwickeln, die sich vehement in aktuelle ökologische Debatten einschaltete.
33 Jahre lang, bis 2002, war er dessen Vorsitzender – und gilt vielen immer noch als „Vorbild und Integrationsfigur“ für „eine ganze Generation von Umweltschutzaktiven“. Auch den BUND, der heute 670.000 Mitglieder vertritt, hätte es ohne Weinzierl nicht gegeben. 1975 gründete er ihn gemeinsam mit Grzimek, dem Journalisten Horst Stern, dem Dirigenten Enoch zu Guttenberg und weiteren Naturliebhabern. 15 Jahre war er dort Vorsitzender. 12 weitere Jahre saß er dem DNR vor, der Dachorganisation deutscher Naturschutz- und Umweltorganisationen.
Umweltschutz als Menschheitsaufgabe
„Aus dem staatsnahen, unpolitischen BUND Naturschutz hat Hubert Weinzierl gemeinsam mit vielen Ehrenamtlichen einen unabhängigen, starken und demokratischen Verband gemacht“, sagte BN-Landeschef Richard Mergner.
Weinzierls Vater war CSU-Politiker gewesen, ihn selbst haben Parteien nie gereizt, erzählte er. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er 2015 vor seinem 80. Geburtstag: „Ich war immer der Überzeugung und bin es noch heute, dass Umweltschutz eine Aufgabe ist, die die ganze Menschheit lösen muss.“ Was nicht heißt, dass er sich nicht auch für staatliche Strukturen interessierte. Dass der Freistaat 1970 ein Umweltministerium gründete, lag auch am politischen Druck, den Weinzierl zu entwickeln wusste.
Früh erkannte er die Erderhitzung als große Zukunftsfrage, messbar am Waldsterben und dem Artenschwund. Dennoch war für ihn nicht „früher alles besser“: Weniger Müll auf den Straßen, getrennte Abfälle, saubere Gewässer bezeichnete er als Erfolge der Naturschutzbewegung. Als schmerzlichste Niederlage bezeichnete er einmal den Bau des Rhein-Main-Donaukanals durch das Altmühltal: eine beispiellose „Zerstörung einer bayerischen Kulturlandschaft“.
Wegen eines Nervenleidens erblindete Weinzierl und zog sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Nun ist er in Wiesenfelden im Bayerischen Wald im Alter von 89 Jahren gestorben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!