Tod durch Brechmittel: Zwei falsche Freisprüche

Der Tod des Afrikaners Laye Condé nach der Verabreichung eines Brechmittels 2004 beschäftigt jetzt zum dritten Mal das Bremer Landgericht.

Von Polizei sichergestelltes Kokain-Kondom. Bild: dpa

BREMEN taz | Erneut muss sich seit Dienstag der ehemalige Polizeiarzt vorm Landgericht Bremen verantworten, der dem aus Sierra Leone stammenden Laye Condé im Dezember 2004 so lange Brechmittel und Wasser eingeflößt hatte, bis er bewusstlos war. Die „Exkorporation“ sollte den Mann zum Erbrechen verschluckter Drogen bringen.

Während der Prozedur fiel Condé ins Koma und starb einige Tage darauf im Krankenhaus. „Tod durch Ertrinken“, diagnostizierten die Ärzte – das Wasser, das ihm der Arzt per Nasensonde eingeflößt hatte, war in Condés Lunge gelaufen.

In einem ersten Prozess wurde der Arzt 2008 freigesprochen, dieses Urteil hatte der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch wieder aufgehoben. Aber auch beim nächsten Prozess 2011 gab es einen Freispruch – und wieder beantragte die Anwältin von Condés Mutter, das Urteil aufzuheben und den Fall Laye Condé neu aufzurollen.

Sie hatte Erfolg: Als „fast grotesk falsch“ bezeichnete der Bundesgerichtshof den erneuten Freispruch und verwies den Fall im Juni vergangenen Jahres schließlich an eine andere Kammer des Bremer Landgerichts. Dort wird der Fall nun noch einmal neu verhandelt, und zum ersten Mal äußerte sich auch der Angeklagte. Der Tod von Laye Condé sei ihm sehr nahe gegangen, seine Ehe sei darüber zerbrochen, sagte er.

Brechmittel abgelehnt

Daneben wies er den Vorwurf, den mutmaßlichen Drogenhändler nur ungenügend untersucht zu haben, von sich. Er habe im Gegenteil die Brechmittelvergabe stets abgelehnt und seinen Vorgesetzten auch mehrfach, wenngleich ohne Erfolg darum gebeten, dies nicht tun zu müssen.

„Ich habe Condé ausführlich untersucht, um Kontraindikationen für diese Maßnahme auszuschließen, und keine gefunden. Deshalb hatte ich auch keine Entscheidungsfreiheit bezüglich der Exkorporation.“ Nachdem Condé ohnmächtig geworden sei, „hatte ich die Hoffnung, die Maßnahme beenden zu können, ohne dafür selbst rechtlich belangt werden zu können“.

Der hinzugezogene Notarzt habe ihm aber „leider“ erlaubt, mit der Brechmittelvergabe fortzufahren – und habe, nachdem Condé einen Atemstillstand erlitt, den Bewusstlosen nicht sofort intubiert. Elke Maleika, die Rechtsanwältin von Condés Mutter, sieht in diesen Aussagen hingegen Taktik: „Die Verteidigung versucht, dem Notarzt die Schuld für den Tod Condés zu geben.“

Nach Auffassung des BGH könnte der Fall als Körperverletzung mit Todesfolge bewertet werden, denn neben der damals noch üblichen Vergabe des Brechmittels Ipecacuanha traktierte der angeklagte Arzt Condé außerdem mit einem Spatel und einer Pinzette im Rachenraum, nachdem der nicht so „schwallartig“ erbrochen hatte wie erwünscht.

Nach dem Tod Condés entschied der Koalitionsausschuss der Bremer Landesregierung, zukünftig auf die zwangsweise Brechmittelvergabe zu verzichten. Ersetzt wurde sie durch die „Beweissicherungshaft“ gegen mutmaßliche Drogenhändler: In Gefängniszellen mit speziellen Toiletten sitzen die Verdächtigen, bis verschluckte Drogenpäckchen auf natürlichem Wege ausgeschieden werden.

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