piwik no script img

Tod des TrottelbotsEr war ein Guter

Der Trottelbot twittert nicht mehr. Er ist offline. Hinter dem unterhaltsamen Account des sinnlosen Geplappers steckt ein Algorithmus.

Seit mehreren Tagen leider nichts Neues. Foto: Screenshot / Twitter: Trottelbot

Schon vor Tagen hätte man sich wundern können: Seit dem 23. Juli schweigt der Trottelbot, und das ist ungewöhnlich, denn normalerweise twitterte er ständig: Was er zum Mittag aß, welcher Wochentag war und anderes sinnloses Zeug. Ernst gemeint war das nie – eher ein Spiegel der allzeit plappernden Twitterblase und für Büro-Floskeln wie „Zum Bleistift“, oder „Schankedön“, was der Bot übernahm.

Doch nun ist der Twitterbot offline. Seine Miterfinderin Katrin Passig schrieb gestern, dass Twitter den Bot wegen nicht näher genannter Policy-Verstöße abgeschaltet hätte. Gegenüber der taz sagte ein Unternehmenssprecher, man würde sich nicht einzelnen Accounts äußern.

Der Trottelbot wurde von den Bloggern der Riesenmaschine, neben Passig zum Beispiel auch Sascha Lobo, erfunden – als Spielwiese. Im Juli 2008 trat er Twitter bei. Hinter dem Account steckt kein einzelner User, sondern ein Algorithmus, der ihn automatisch mit Satzfetzen füttert. Sein Mittagessen zum Beispiel bezog er unter anderem aus dem Online-Speiseplan einer Unimensa, seine Tweets über Musik von der Plattform last.fm. Die sinnlosen Sätze, wie: „Zahnseide kaufen“ oder „So. Zurück an die Arbeit“ brachte ihm eine Gruppe von Programmierern bei.

Knapp 5.700 Menschen folgten dem Bot – nicht alle dürften gewusst haben, dass hinter dem Bot kein echter Mensch steckt. Zu seinem Start beleidigte der Bot häufiger User direkt, worauf viele zurückschimpften.

Mittlerweile hat der Trottelbot viele Nachahmer gefunden. Nicht alle sind nur auf Quatsch aus: In Großbritannien haben gerade zwei Journalisten den @DroptheIBot programmiert, der Menschen berichtigt, die die Phrase „illegal immigrant“ benutzen. „People aren‘t illegal. Try saying ‚undocumented immigrant‘ or ‚unauthorized immigrant‘ instead“, schrieb er dann zum Beispiel. Aber auch er wurde mittlerweile von Twitter gelöscht.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 /