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Tisa-Verhandlungen in GenfDruck auf Wasser und Finanzen

Während sich die Kritik an TTIP häuft, laufen die Verhandlungen über ein multilaterales Abkommen für den Dienstleistungssektor ungestört weiter.

Mit diesem Wasser handelt wohl keiner mehr Bild: AP

GENF taz | In der Genfer UN-Botschaft Australiens scheint die Welt noch in Ordnung. Fast unbehelligt von Kritik verhandeln hier seit Montag dieser Woche die EU, USA und 21 weitere Länder erneut hinter verschlossenen Türen über ein Abkommen zur weitgehenden Deregulierung und Privatisierung bislang öffentlicher Dienstleistungen – etwa der Wasser- und Energieversorgung, Gesundheitsversorgung oder des Bildungs-und Finanzwesens.

In Genf sind ein paar Demonstranten vor Ort, die von der Polizei in sicherer Entfernung von dem Botschaftsgebäude gehalten werden. Sonst gibt es zu den Verhandlungen über das Trade in Services Agreement, kurz Tisa, bisher nur vergleichsweise wenig Widerspruch von Nichtregierungsorganisationen oder gar kritischen Nachfragen aus den Parlamenten der 51 beteiligten Staaten. Ganz im Unterschied zu den TTIP-Verhandlungen zwischen EU und USA über eine bilaterale Freihandelszone, die seit Monaten von zunehmender Kritik begleitet werden.

Seit die taz Ende April als erstes Medium im deutschsprchigen Raum über die geheimen Tisa-Verhandlungen in Genf berichtete, haben zwar viele andere Medien nachgezogen. Doch weder im EU-Parlament noch in einem der nationalen Parlamente der 28 Mitgliedstaaten gibt es bislang einen Vorstoß, die Verhandlungen zu stoppen.

Die Grünen haben in Europaparlament und Bundestag zwar Kritik geäußert, die Linke stellte eine ausführliche Anfrage an die Bundesregierung. Doch die gab sich in ihrer Antwort zugeknöpft. Über eine Veröffentlichung des Verhandlungsmandats wurde demnach nicht einmal diskutiert.

Kein Interesse mehr an TTIP

Die vergangene Woche von Wikileaks veröffentlichten Unterlagen zum Bereich Finanzdienstleistungen belegen, dass unter Tisa eine weitere Deregulierung dieses Sektors geplant ist, als hätte es die Banken- und Finanzkrise nicht gegeben.

Der sehr unterschiedliche Grad an Aufmerksamkeit für die TTIP- und für die Tisa-Verhandlungen steht inzwischen in deutlichen Missverhältnis zu ihrer Relevanz. Denn bei TTIP zeichnet sich ab, dass es entweder überhaupt kein Abkommen geben wird oder lediglich ein sehr abgespecktes.

Ob Investitionsschutzregeln mit Klagerechten enthalten sein werden, ist unklar; auch das vieldiskutierte Chlorhühnchen wird voraussichtlich nicht über den Atlantik nach Europa kommen, auch im Bereich Chemie scheinen die Einigungs–chancen gering. Die Autoindustrie in Europa und in den USA sowie andere Industriebranchen haben inzwischen ihr Interesse an TTIP weitgehend verloren.

Ganz anders ist die Situation im Bereich Dienstleistungen. Hier erhoffen sich die Unternehmen von einer weiteren Liberalisierung erhebliche Vorteile. Was im TTIP an Marktöffnung, Deregulierung und Privatisierung im Dienstleistungensektor vorgesehen war, wollen Brüssel und Washington jetzt im Tisa vereinbaren. Auf dieses Vorgehen hat innerhalb der EU vor allem die Bundesregierung gedrängt. Die neuen Bestimmungen würden nicht nur bilateral für die EU und die USA gelten, sondern gleich für 21 weitere Staaten, auf deren Märkte europäische und US-Unternehmen drängen.

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3 Kommentare

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  • Um zu überlegen, wo die TISA-Tücken und -Fußangeln stecken, müssten wir die Vorlagen kennen. Beklagt werden muss deshalb vorerst hauptsächlich, dass - völlig undemokratisch - keinerlei Öffentlichkeit hergestellt ist, um eine tatsächliche Gefährdung ins Visier zu nehmen. Deshalb brauchen wir als kritische und interessierte Bürger so rasch es geht alle seriösen Informationen, derer wir habhaft werden können, um überhaupt in eine Diskussion eintreten zu können.

     

    Von daher wäre es wichtig, solche zu veröffentlichen, bevor uns auch noch ein TISA-Hühnchen um die Ohren fliegt und uns rupft, ehe wir "Protest" rufen können.

  • Es wäre nun aktuell wirklich sinnvoller, sich mit dem hinter verschlossenen Türen verhandelten (Geheim-)Abkommen TISA zu befassen, anstelle mit irgendwelchen Flüchtlingsfragen an der europäischen Südgrenze oder in irgendwelchen besetzten Berliner Schulen.

    TISA und TTIP sind von ihrem Potential her in der Lage hier in Europa die demokratische Zivilgesellschaft ernsthaft in ihrem Kern zu bedrohen und nicht irgendwelche Flüchtlingsfragen.

    Leute, kümmert Euch endlich mal um die wirklich relevanten Themen !

  • Wir werden bis zum - hoffentlich positiven - Ende TTIP weiterhin im Auge behalten, uns aber auch mit gesteigerter Aufmerksamkeit TISA zuwenden, immer auch mithilfe der Öffentlichkeit bekannt zu machender Vertragsdetails, auf die aus meiner Sicht ein Anspruch besteht. Für NGOs gibt es immer viel zu tun.