„Time“ kürt „einflussreiche Personen“: Wo sind die üblichen Verdächtigen?
Die Liste des US-Magazins ist weniger weiß und männlich als sonst. Doch das Überraschendste an ihr sind die Namen, die fehlen.
W ieder einmal hat die US-Zeitschrift Time die „100 einflussreichsten Personen“ der Welt gekührt. Personen, wie US-Präsident Donald Trump, Justin Trudeau und Prinz Harry, sind aufgelistet – das ist keine Überraschung. Doch die aufgeführten Namen lassen einen falschen Schluss zu, denn nicht nur (ältere) weiße Männer werden von der Time als einflussreich eingestuft.
45 der Personen sind weiblich und gleich viele auch unter 40 Jahre alt. Mit 14 Jahren ist die Schauspielerin Millie Bobby Brown die Jüngste, die jemals auf der Liste vertreten ist. Und auch sonst fällt die Diversität positiv ins Auge: Issa Rae, die für ihre Rolle in der HBO-Fernsehserie „Insecure“ für zwei Golden Globes nominiert war, Sängerin Rihanna oder auch der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman sind dabei nur einige Beispiele.
Trotz der Diversität kommt ein Großteil der Aufgeführten aus den USA, was vor allem bei der Auswahl der Künstler*innen, Sportler*innen und Journalist*innen auffällt. Eine Ausnahme ist hierbei die Bollywood-Schauspielerin Deepika Padukone.
Die Liste ist in fünf Kategorien unterteilt: Pionier*innen, Künstler*innen, Anführer*innen, Ikonen und Titanen*innen. Jede Person wird mit einem kurzen Text von einer anderen berühmten Person beschrieben. Die Laudatoren selbst würden eine beeindruckende Liste hergeben. So schreibt beispielsweise Barack Obama einen hochpolitischen Lobgesang auf die Schüler*innen aus Florida, die sich nach dem Amoklauf an ihrer Schule für eine Verschärfung der Waffengesetz einsetzen. Namentlich werden da Cameron Kasky, Jaclyn Corin, David Hogg, Emma Gonzalez und Alex Wind genannt.
Die Namen, die fehlen
Überraschend sind auf der Liste die Namen, die fehlen. So sind in der Kategorie Anführer*innen zwar Donald Trump und Justin Trudeau aufgefährt, doch wo sind Recep Tayyip Erdoğan oder Waldmir Putin?
Ihre Auswahl begründet die Time allgemein damit, dass es nicht nur um Lebensleistungen ginge und Macht, sondern um generellen Einfluss einer Person auf andere. Angela Merkel, die 2016 noch als eine der 100 wichtigsten Personen angesehen würde, fehlt nun zwei Jahre in Folge. Dafür ist aber dieses Mal Meghan Markle, die Verlobte des Prinzen Harry von Wales, in der genannten Kategorie vertreten. Markle setzt sich für Geschlechtergerechtigkeit und gegen moderne Formen der Sklaverei ein. Ein wichtiges Anliegen, doch dass ihre ehrenamtliche Arbeit einflussreicher als die Regierungsarbeit von Erdoğan oder Putin ist, ist aber eher zweifelhaft.
Auf der Liste werden nicht nur Menschen aufgeführt, die der Time in letzter Zeit positiv aufgefallen sind. Gerade deswegen ist es nicht erklärbar, warum nachdem Datenskandal und der Diskussion um die US-amerikanische Wahlbeeinflussung der Facebook-Konzernchef Mark Zuckerberg fehlt. Und wenn es um die „most influential people“ geht, wo sind dann bitte die Influencer*innen? Nächstes Jahr dann bitte mit Bibi und Dagi Bee.
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