Tierschutz: Ein Freund fürs Pferd
In Schweden dürfen Pferde ab 2009 nicht mehr einzeln gehalten werden. Ein anderes Herdentier muss dazu. Ob es will, oder nicht.
STOCKHOLM taz Schwedens Behörden sind - vielleicht mal abgesehen davon, wenn es um Atomkraftwerke geht - bekanntlich sehr vorsorglich. So hat man jetzt wieder ein dringendes Problem einer Lösung näher gebracht. Zum 1. August sind die Rechte von Pferden neu geregelt worden. Sie dürfen jetzt keine Singles mehr sein. "Dem Bedarf der Pferde nach sozialen Kontakten soll nachgekommen werden", heißt es in einer neuen Verordnung. Die Folge: Pferde sollen ab sofort und müssen jedenfalls ab 1. Januar 2009 einen Kumpel bekommen. Auf der Weide und - die baulichen Gegebenheiten müssen gegebenenfalls so angepasst werden, um zumindest einen entsprechenden Blickkontakt zu ermöglichen - auch im Stall.
Der Zwang zum Kontakt gilt, ob die Pferde das wollen oder nicht. Sie wollen es, weiß die Landwirtschaftsbehörde. Denn Pferde seien schließlich Herdentiere. Die meisten, die näher mit Pferden zu tun haben, sehen das auch so. Doch stehen viele Pferdehalter nun natürlich vor gewissen Problemen. Muss der Tochter, die nach langem Drängen endlich ihr Pony bekommen hat, nun noch eines dazugeschenkt werden? Oder das eine wieder weggenommen werden, weil für zwei weder die Finanzen, noch die Räumlichkeiten reichen? Der Gesetzgeber zeigt einen Ausweg: Der Freund des Pferdes muss nicht unbedingt ein Pferd sein. Es darf auch ein anderes "Herdentier" sein. Schaf, Ziege oder Kuh auf der gleichen Weide und als Stallnachbar reichen zur Not also ebenfalls. Der Aal ist zwar auch ein Herdentier, aber vermutlich für beide Beteiligte eine weniger glückliche Lösung. Und das Herdentier darf auch der Mensch sein.
Als Bezugsperson für ein Pferd sei er zur Not geeignet, meint Nina Carlsson von der Reitschule im westschwedischen Mellerud, die die neue Regelung im Übrigen sehr begrüßt: "Aber es ist nicht natürlich, wenn Pferde nur mit Menschen Umgang haben." Der Menschersatz für das Pferd wurde in das neue Pferdeschutzgesetz zur Abmilderung eines ursprünglich weitergehenden Gesetzentwurfs eingefügt. Den noch eine vor vier Jahren extra eingerichtete Tierschutzbehörde erarbeitet hatte. Die sehr gute und auch im Ausland hochgelobte Arbeit geleistet hat - sich leider allerdings auch in eher nebensächlichen Problemen verzettelte. Zum Beispiel, als sie die Frage des Schicksals des Regenwurms am Angelhaken anging. Die Behörde wurde vor einem Monate aufgelöst, nachdem die Bauernlobby sich lange und erfolgreich darüber beklagt hatte, dass diese ihre Schutzaufgabe viel zu ernst nehme.
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