Tierschützer erschüttert: „Problem-Bär“ in Italien ist tot
In Italien töten Behörden eine „Problem-Bärin“ aus Versehen. Tierschützer sind empört – und fordern den Rücktritt des Umweltministers.
BERLIN taz |„Riposa in pace, Daniza“ – „Ruhe in Frieden, Daniza“: Auf Twitter trauern Italiens Tierschützer um die Bärenmutter. Es ist das Ende einer Jagd der Behörden auf eine Bärin. Eigentlich sollte sie betäubt und eingefangen werden – nun ist das Tier tot.
Im August hatte die 19-Jährige Braunbärin einen Pilzsammler im norditalienischen Trient mit einem Prankenhieb verletzt. Vermutlich wollte sie ihre beiden Jungen schützen. Seitdem hatten die Behörden nach der Bärenmutter im Trentino gesucht. Am Mittwochabend sollte sie betäubt und in ein Tierzentrum gebracht werden. Doch die Bärin hat den Betäubungsschuss nicht überlebt: Aus der Narkose wachte sie nicht wieder auf.
„Betäubung ist immer ein Risiko“, sagt Janosch Arnold, Biologe bei WWF und Experte für Großsäuger in Europa. Da Wildtiere vorab nicht untersucht werden könnten, sei die Betäubungsdosis stets Schätzungssache. Ein gewisses Risiko sei deshalb nicht auszuschließen: „Es ist Natur, kein Labor-Experiment“. Der Vorfall müsse nun genau untersucht werden. Ob die Behörden tatsächlich einen Fehler gemacht hätten, sei schwer zu sagen, so der Experte.
Pilzsammler können nun wieder unbeschwert im Wald spazieren. Muss man sich nun um die siebenmonatigen Bärenkinder sorgen? Ja, meinen Tierschützer, Jungtiere seien noch drei oder vier Jahre auf ihre Mutter angewiesen. Nein, sagt die Provinz Trentino, ab sechs Monaten könnten Bären alleine überleben. Eines der beiden Jungen hatten die Behörden ebenfalls beim Betäubungsversuch eingefangen. Es wurde mit einem GPS-Sender zur Ortung ausgestattet und wieder in die Freiheit entlassen.
„Der Minister ist unfähig“
Schon zu Beginn der Bärenjagd hatten sich Tierrechts-Aktivisten für die Freiheit des Tiers eingesetzt. In Trient hatte es sogar eine Kundgebung für Daniza gegeben. Der italienischer Tierschutzverband Enpa forderte Umweltminister Gian Luca Galletti nun zum Rücktritt auf. „Der Minister ist unfähig, eine Bärin zu verteidigen, die ihrerseits nichts weiter getan hat als ihre Jungen zu verteidigen“, fasst die bekannte Tierschützerin Carla Rocchi zusammen. Laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA hat die Forstbehörde inzwischen eine Untersuchung eingeleitet – wegen Verdacht auf Tiermisshandlung und unbegründete Tötung eines geschützten Tieres.
Um die Braunbärenpopulation in der Region zu erhalten, startete 1999 ein Hilfsprojekt, unterstützt von der Europäischen Union. Inzwischen wurden neun Tiere ausgesetzt, die bereits 77 Nachkommen auf die Welt brachten. Heute leben in Norditalien etwa 50 Braunbären.
In Deutschland sind Bären eine Seltenheit: 2006 war Braunbär Bruno über die Alpen aus Italien nach Deutschland gekommen – und in Bayern als „Problembär“ erschossen worden. Laut Lovis Kauertz vom deutschen Wildtierschutzverein ein Fehler: „Bruno war keine ernsthafte Gefahr für den Menschen. Er wäre wieder nach Hause gegangen“. Aber wäre er dort heute noch sicher? Auf dem Twitteraccount #iostocondaniza (Ich steh auf Danizas Seite) steht: „Non è un paese per orsi“ – Es ist kein Land für Bären.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche