WIEDER IST IN BERLIN EINE STRUKTURREFORM GESCHEITERT: Tierparks, Banken, Opernhäuser
So lieben wir unsere Hauptstadt. Lässt sich ein Problem nicht mehr übersehen, setzt eine hysterische Reformdebatte ein. Jahrelang wiederholen sich die immer gleichen Argumente – und am Ende bleibt es doch beim Status quo. So ging es in Berlin mit den städtischen Tierparks wie mit den kommunalen Wohnungsgesellschaften, und auch die landeseigene Bank schlitterte auf diese Weise in ihr absehbares Desaster.
Besonders krass und für jedermann verständlich zeigt sich das Muster des Berliner Schlendrians bei den drei hauptstädtischen Opernbühnen, weshalb ihr Schicksal zum nationalen Thema avancierte. Seit Montagabend wissen wir: Auch bei diesem Streit kommt nichts heraus. PDS-Kultursenator Thomas Flierl, der mit einem Fusionsmodell ohnehin nur eine wenig tragfähige Minimallösung vorgeschlagen hatte, ließ sich im Tauziehen mit den Intendanten noch einmal herunterhandeln. Der Kompromiss lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Alles soll so bleiben, wie es ist.
Dafür mussten die Intendanten erneut versprechen, dass sie jetzt wirklich kooperieren wollen. Das soll rund 7 bis 9 Millionen Euro jährlich sparen, bei einem Gesamtetat von 115 Millionen Euro. Wer Berlin aber kennt, der weiß: In ein paar Jahren werden die Beteiligten feststellen, dass dieser Effekt nicht eingetreten ist. Dann beginnt die Operndebatte von neuem – den Ruf nach einer Finanzspritze des Bundes eingeschlossen.
Vermittelt wurde der Deal zwischen dem Senator und den drei Musiktheatern durch die erfolgreichen Opernchefs aus München und Stuttgart. Sie spielen das Spiel mit, weil sie nichts so fürchten wie die bundesweite Signalwirkung einer Opernschließung. Für Berlin aber wäre eine solche Entscheidung, von Kulturpolitikern unter kulturpolitischen Gesichtspunkten getroffen, ein Segen. Solange die Lokalpolitik das Problem aber weiter vertagt, gibt es für den Bund nur den Weg, den die Vorsitzende des Bundestags-Kulturausschusses gestern schon verkündete: Dann bekommen die drei Berliner Opernhäuser aus Hans Eichels Kasse keinen Cent. RALPH BOLLMANN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen