Thüringer Neonazis verhaftet: Sie hatten das Ziel, Linke zu töten
Seit vielen Jahren ist Patrick Wieschke führender Teil der rechtsextremen Szene in Thüringen. Nun wurde er mit zwei weiteren Neonazis festgenommen.
Wieschke ist eine schillernde Figur. Schon seit vielen Jahren ist er in der rechtsextremen Szene Thüringens aktiv, anfangs in Kameradschaften, dann in der NPD. Auch bundesweit ist er vernetzt. Wiederholt wurde gegen ihn auch strafrechtlich ermittelt, etwa wegen eines Sprengstoffanschlags auf einen türkischen Imbiss in Eisenach oder wegen Missbrauchsvorwürfen. Auch in Haft befand er sich schon. Zuletzt saß er für die NPD, heute „Die Heimat“, im Eisenacher Stadtrat, und betrieb in der Stadt die Thüringer Parteizentrale, das „Flieder Volkshaus“ – das regelmäßig auch zu Rechtsrockkonzerten lädt.
Im Zusammenhang mit „Knockout 51“ hatte die Bundesanwaltschaft schon länger gegen Wieschke ermittelt. Der rechtsextremen Kampfsportgruppe werfen die Ermittler vor, seit 2019 eine ganze Reihe an schweren Gewalttaten gegen Linke, Polizisten oder vermeintliche Drogenkonsumierende verübt zu haben. Ziel sei die Errichtung eines „Nazi-Kiezes“ gewesen. Die Gruppe habe sich immer weiter radikalisiert und war aus Sicht der Bundesanwaltschaft am Ende gar eine terroristische Vereinigung, die das Ziel hatte, Linke zu töten.
Schon im April 2022 war das beschuldigte Führungsquartett um den Eisenacher Leon R. festgenommen worden, sie stehen seit August dieses Jahres vor dem Thüringer Oberlandesgericht in Jena. Das Gericht ließ aber nur eine Anklage mit dem Vorwurf einer kriminellen Vereinigung zu.
Waffenlager in der NPD-Zentrale
Erst Ende November war es zu weiteren Razzien gegen Knockout 51 und der Festnahme eines Rechtsextremen gekommen. Zu den Durchsuchten gehörten damals nach taz-Informationen auch die Mutter und die Schwester von Leon R. Auch das „Flieder Volkshaus“ wurde damals erneut von Polizisten aufgesucht.
Wieschke wird nun vorgeworfen, Unterstützer von Knockout 51 gewesen zu sein. Der Gruppe habe er ab Dezember 2019 ermöglicht, Kampfsporttrainings im „Flieder Volkshaus“ durchzuführen. Auch einen Raum für ein Waffenlager habe er zur Verfügung gestellt und selbst an Treffen und Schulungen von Knockout 51 teilgenommen. Mit Leon R. habe er das Ziel gehabt, die Gruppe schließlich als Jugendorganisation von „Die Heimat“ einzugliedern. Auch habe er Gruppenmitgliedern Szeneanwälte vermittelt.
Mit verhaftet wurden die Rechtsextremen Kevin N. und Marvin W., in Eisenach und Erfurt, auch sie sind einschlägig bekannt. Insgesamt wurden vier Objekte in Thüringen durchsucht. Kevin N. soll zu den Mitgründern von Knockout 51 gehört haben, er wird von der Bundesanwaltschaft ebenfalls als Rädelsführer geführt. Mitglieder und Anwärter der Gruppe habe er ideologisch geschult, „Kiezstreifen“ der Gruppe geleitet und Veranstaltungen im „Flieder Volkshaus“ abgesichert. Auch habe sich Kevin N. an Corona-Protesten in verschiedenen Städten beteiligt, um dort Polizisten oder linke Gegendemonstrierende anzugreifen.
Im September 2021 sei Kevin N. zudem Teil einer rechtsextremen Gruppe gewesen, die in Erwartung eines Antifa-Überfalls auf Leon R. in Erfurt einen Gegenangriff plante, bei dem auch die Tötung von Linken einkalkuliert gewesen sei. Zu einem linken Angriff aber kam es gar nicht.
An einer Waffe gebaut
Auch Marvin W. soll bei der Erfurter Aktion dabeigewesen sein. Seine Aufgabe war es laut Haftbefehl, mit einem Auto linke Angreifer zu überfahren. Auch er soll sich bereits 2019 der Gruppe angeschlossen und an Kampfsport- und Schießtrainings beteiligt haben. Laut Haftbefehl soll auch er „Kiezstreifen“ in der Stadt und Security-Dienste vorm „Flieder Volkshaus“ übernommen haben. Zudem habe er Leon R. beim Bau einer Schusswaffe geholfen.
Die Thüringer Linken-Abgeordnete und Rechtsextremismusexpertin Katharina König-Preuss nannte die Festnahmen „nur folgerichtig“. Das Trio sei schon länger mit Knockout 51 in Verbindung gebracht worden. Auch zeige sich einmal mehr, wie eng militante Neonazis mit rechtsextremen Parteien wie „Die Heimat“ verzahnt seien. Es sei nun an der Zeit, das „Flieder Volkshaus“ in Eisenach „endlich durch die Behörden dichtzumachen“. Es sei ein bundesweiter Szenetreffpunkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Social-Media-Verbot für Jugendliche
Generation Gammelhirn