Theo Albrecht ist tot: Der jüngere Aldi-Bruder
In den 1960er Jahren begannen die Brüder Albrecht mit Aldi ihren Siegeszug. Theo bekam Aldi Nord, Karl Aldi Süd – jetzt ist der ewig zweite, Theo, gestorben.
Als Einzelperson gab es ihn in der öffentlichen Wahrnehmung selten. Theodor Paul, genannt Theo, war einer der beiden Albrecht-Brüder. Der ewige zweite. Während sein Bruder Karl nach der Schule bei einem Feinkosthändler in die Lehre gehen durfte, musste sich der zwei Jahre jüngere Theo mit einer Ausbildung im mütterlichen Lebensmittelladen im Essener Arbeiterviertel Schonnebeck zufriedengeben. Später entwickelten sie zusammen die Geschäftsidee, mit minimalem Aufwand an Personal und Kosten ein eingeschränktes einheitliches Angebot von Massenartikeln zu Niedrigstpreisen zu verkaufen. In den 1960er Jahren begannen sie mit Albrechts Discount, kurz Aldi, ihren Siegeszug. Aber als sie die Ladenkette aufteilten, zog Theo wieder den Kürzeren. Er bekam nur die Läden nördlich der Ruhr, Karl das schickere Aldi Süd, das sich schneller entwickelte und mehr Geld brachte.
Vielleicht liegt das grauere Image von Aldi Nord aber auch daran, dass Theo der Sparsamere war. Als er 1971 entführt und nach drei Wochen für 7 Millionen Mark wieder freigelassen wurde, versuchte er, das Lösegeld als Sonderausgabe von der Steuer abzusetzen, und zog dafür sogar vor Gericht. In seinen Läden und Büros durfte keine Lampe zu viel brennen. Notizzettel mussten beidseitig und in kleiner Schrift beschrieben werden, solange er die Leitung hatte - und die gab er erst mit 71 Jahren an seine beiden Söhne ab.
Bei - oder wegen - der ganzen Knauserigkeit hatten die Brüder immer höchst komfortable Polster: Nach der aktuellen Liste des Forbes-Magazins ist Theo mit einem geschätzten Vermögen von 16,7 Milliarden Euro zweitreichster Deutscher - hinter Karl.
Ausgeben wollte Theo das Geld nie. Auch nicht für Charity. Zwar lagerte er sein Vermögen steuerbegünstigt in die Markus-Stiftung in Nortorf aus, deren offizieller Zweck es ist, die Altenpflegearbeit der Diakonie zu fördern, aufgefallen ist sie aber bislang nur durch ihre Verwicklung in lukrative Geschäfte etwa in der Schweiz.
Zum Schluss hatte Theo im Wettlauf der Brüder doch die Nase vorn. Er starb als Erster, 88-jährig, an den Spätfolgen eines Sturzes, mit dem er zum Pflegefall wurde.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Rückzug von Marco Wanderwitz
Die Bedrohten
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül