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Themenreihe auf ArteUnd es wurde Soul

Von bezirzenden TV-Tänzern bis zur Motown-Legende von Detroit: Arte startet seine Reihe „Summer of Soul“. Mit viel Gediegenem – und ein paar Perlen.

Soul Power - schon cool, lange bevor HipHop erfunden war! Bild: ZDF/Arte

Lutz Marmor, der derzeitige Vorsitzende der ARD, hat kürzlich im Medienmagazin journalist bekannt, er schaue bei Arte unter anderem gern den „Summer of Love“. So hieß der erste musikhistorische Sommerschwerpunkt, den der Sender 2007 im Programm hatte; es ging um die Geschichte der Hippie-Bewegung. Seitdem widmet sich Arte unter dem Titel „Summer of …“ in jedem Jahr pophistorischen Themen, und man darf davon ausgehen, dass Marmor die Reihe grundsätzlich sympathisch findet.

Seit Sonntag dürfte Marmor, Jahrgang 1954 und damit etwas älter als der im Durchschnitt 57-jährige Arte-Zuschauer, wieder regelmäßig den Kulturkanal einschalten: Über sechs Sonntage und fünf Samstage präsentiert dieser den „Summer of Soul“. Dass ein dröger Typ wie Marmor, der Rod Stewart als sein „Idol“ bezeichnet, eine Reihe lobt, ist auch ein Indiz für ihre Gediegenheit. Darauf reduzieren kann man sie freilich nicht.

Im „Summer of Soul“-Programm fällt etwa positiv auf, dass hier in acht Folgen die Geschichte der über rund 35 Jahre laufenden US-TV-Show „Soultrain“ rekapituliert wird – ein einmaliges Format, in dem von bezirzenden Tanzperformances bis zu politischen Botschaften fast alles möglich war.

„Unter dem Deckmantel der Unterhaltung war die Show ein unzensiertes Sprachrohr für die schwarze Bevölkerung, die sich im nationalen Fernsehen nie zuvor derart Gehör verschaffen konnte“, sagt Ericka Blount Danois, Journalismusprofessorin an der University of Maryland, die 2012 das erste Buch über Soultrain veröffentlicht hat.

Sound of Detroit

Eine Schwäche vieler „Summer of …“-Beiträge besteht darin, dass sie es möglichst vielen Zuschauern recht machen wollen. Symptomatisch dafür ist dieses Mal der am 4. August laufende Film „Detroit/Michigan – Motor City Music“, in dessen Mittelpunkt die Geschichte der Firma Motown steht. Der Film ist weitgehend gelungen, er erzählt auch die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung und der Autoindustrie, die nicht zu trennen sind von der Entwicklung des Sound of Detroit.

Weil man aber wohl glaubt, der Zuschauer sei nicht in der Lage, 50 Minuten lang eine Musikfarbe zu ertragen, kommt auch noch andere Musik aus Detroit vor: Rock sehr verschiedener Art, von MC 5 bis Grand Funk Railroad. Für einen Film, der als Teil eines Soul-Schwerpunkts vorgesehen ist, drängt sich das nicht unbedingt auf.

Auf der anderen Seite ist die Themenauswahl wieder eher konventionell: Natürlich spricht nichts dagegen, Marvin Gayes Jahrhundertwerk „What’s Going On“ einen 90-minütigen Film zu widmen. Überraschend ist es aber nicht. Eine Doku über, sagen wir mal, „Inspiration Information“ von Shuggie Otis, die aus anderen Gründen einflussreich ist, würde mehr Neugierde wecken.

Damit nicht nur die Lutz Marmors dieser Welt einschalten, hat Arte als Präsentator den Hamburger HipHop-Musiker Samy Deluxe rekrutiert. Der sieht den „Summer of Soul“ auch als eine Art Bildungsprogramm für junge Hiphopper, denen man so die Wurzeln ihrer Musik vermitteln kann.

Ob das in digitalen Zeiten, in denen man sich fix ein umfassendes poparchäologisches Wissen erarbeiten kann, in nennenswertem Maße funktioniert, ist noch mal eine andere Frage.

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1 Kommentar

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  • D
    dimiri

    Bisher (22.07.) war diese Reihe eher enttäuschend. Insbesondere die Darstellung der US-TV-Show „Soultrain“ wird durch ein nahezu nahtloses Gesabble in der Manier einer Pro 7 Produktion unerträglich. Wenn schon, aus welchen Gründen auch immer (GEMA?), nur Fetzen der Acts präsentiert werden, müssen die nicht auch noch mit Belanglosigkeiten zugequatscht werden. Die im Vorfeld gezeigten Spielfilme sind in der Regel schon etliche Mal gelaufen und haben meiner unmassgeblichen Meinung nach nur insofern Bezug zur Geschichte des Soul, dass irgendwas mit Afroamerikanern gezeigt wird. Sicher wird es nicht besser, also ein grosses Thema verschenkt. Arte schafft es immer wieder (sh. one Shot not) sich selbst ins Knie zu schiessen.