Theaterfestival von Islamfeinden attackiert: Infame Kommentare
Das Dresdener Theaterfestival "Fremd" erzielt große Resonanz beim Publikum. Islamfeindliche Angriffe gegen arabische Künstler überschatten den Erfolg.
![](https://taz.de/picture/242299/14/dres_01.jpg)
Mit enormer Resonanz vor allem beim jungen Publikum ging am Sonnabend in Dresden das Festival "Fremd - Politik im Freien Theater" zu Ende. Überschattet wird dieser Erfolg jedoch durch Übergriffe auf Kunstwerke im Begleitprogramm und Denunziationen der arabischen Künstler im Internet.
So wurden offenbar gezielt und nicht nur rowdyhaft Großplakate mit Fotografien von Nabil Boutros aus Kairo und Patricia Triki aus Tunis abgerissen. Auf der Internetplattform "politically incorrect.net" wird ihnen Nähe zum islamischen Terrorismus unterstellt.
Die Objekte sind Teil des Kunstprojektes "Urban Mutations - Wir finden Stadt!", das am Dresdner Jorge-Gomondai-Platz sein Zentrum hat. Hier wurde 1991 der Afrikaner Gomondai aus einer fahrenden Straßenbahn gestoßen und starb an seinen Verletzungen.
Die Thematik der dort für die zehn Festivaltage aufgestellten Zelte und der Plakatierungen in der Stadt ist eng an das Festivalthema angelehnt, das sich der Auseinandersetzung mit dem Fremden widmete. Das begleitende Kunstprojekt steuerte dazu sehr aktuelle Beiträge aus dem von Umstürzen geprägten arabischen Raum bei.
Schwache Reaktion der Dresdner Passanten
So benutzt Nabil Boutros die Bildsprache der Werbung und des Marketings, um auf Anpassungsmechanismen, aber auch auf die Multikulturalität seiner Landsleute hinzuweisen. Das Großplakat "Alles Ägypter" entspringt einem Selbstversuch und zeigt dieselbe Person in acht verschiedenen Varianten von Haartracht und Kleidung.
Es entstand als Reaktion auf den Tod von 21 koptischen Christen in Alexandria in der Silvesternacht 2010. Hintergrund der von Patricia K. Triki von oben fotografierten Stadtporträts ist das bislang in Tunis geltende Verbot solcher Perspektiven, die die Erbärmlichkeit der Existenzbedingungen zeigen.
Mit der Bitte um "Veröffentlichung und Solidarität" hat sich Projektkurator Dietmar Lupfer an die Medien gewandt. Als besonders infam empfindet er Kommentare der islamfeindlichen "politically incorrect"-Plattform. Dort wird das Projekt unter anderem als "spielerische, verharmlosende und 'empathische' Gewöhnung an islamistische Großanschläge" bezeichnet. Von "Helfershelfern einschlägigen Terrorismus" ist die Rede, die Künstler und Ausstellungsmacher werden als "hochrangige Idioten des steuerfinanzierten Kulturbetriebs beschimpft".
Neben dem Entsetzen über diesen Ungeist zeigte sich Kurator Lupfer aber auch leicht enttäuscht von der schwachen Reaktion der Dresdner Passanten auf die Präsentationen im öffentlichen Raum. Er räumte aber auch ein, dass die Veranstaltungen und Einzelführungen gesteigertes Interesse und Zeiteinsatz erfordern hätten. Die Auseinandersetzung von mehr als 10.000 Theaterbesuchern mit dem "Fremd"-Thema haben die nationalistischen Ausfälle jedenfalls nicht beeinträchtigt.
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