piwik no script img

Theaterempfehlungen für BerlinErinnerungen, Flucht und die Angst

Im Gorki Theater wird alles zusammen gefasst, was war. Eine Performance von Dragana Bulut behandelt das Sicherheitsbedürfnis in einer Zeit der Angst.

Dragana Bulut in ihrer neuen Arbeit „Behind Fear“ Foto: Mate Ugrin

E rinnerung funktioniert ja oft wie ein multimediales Spektakel: wild fallen bewegte und erstarrte Bilder ineinander, in Farbe oder Schwarzweiß. Fetzen von Gesprächen, einzelne Worte, Gerüche, Gefühle, Geschmäcker und Musik wirbeln durcheinander.

Das macht Erinnerung zu einem idealen Stoff für die Medienfressmaschine Theater – denn genau so traum- oder auch alptraumhaft und assoziativ wie das Gedächtnis können die vom Theater erzeugten Bildwelten auch sein.

Im Maxim Gorki Theater kommen am 5. Februar die erstaunlichen Erzählungen der syrischen Autorin Rasha Abbas auf die Bühne: „Eine Zusammenfassung von allem, was war“. Rasha Abbas, die in Latakia geboren wurde und 2015 nach Deutschland kam, lässt darin Erinnerungen an die alte und die neue Heimat aufleuchten und ineinanderstürzen, Fluchterfahrungen und unterschiedlichste Landschaften.

Die Wüsten des Nahen Ostens oder der Garten des Max-Liebermann-Hauses am Wannsee etwa. Aber auch Landschaften, die es nur im Traum der Autorin gibt. Der Regisseur Sebastian Nübling, Experte für Atmosphären und abgründige Texte inszeniert. Und zwar mit Unterstützung von Künst­le­r:in­nen aus den Bereichen Medienkunst, Architektur und Elektronischer Musik (Maxim Gorki Theater, Premiere 5. 2., 20 Uhr).

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Auch Krankheiten bieten dem Theater Stoff, denn sie nutzen ja den Körper als Bühne und trampeln nicht selten ziemlich darauf rum. In den Sophiensälen setzt sich ab 3. Februar der Performance und Aktionskünstler Hendrik Quast mit einer Krankheit namens Colitis Ulcerosa auseinander, die den Darm befällt und chronisch ist.

„Spill Your Guts. Eine Bauchrednershow“, hat Quast seine Performance überschrieben, was auf Deutsch etwa „Schütte Dein Herz aus“ heißt. Mit Hilfe einer Handpuppe versucht er, mit der Krankheit ins Gespräch zu kommen und bindet gleich mehrere Themen an dieses Gespräch mit an.

So geht er der Entgrenzung von Unterhaltungskultur nach und lässt sie mit Kulturtechniken wie Tierpräparation, Trauerfloristik oder Nageldesign kollidieren, wie die Vorankündigung verspricht (Sophiensäle, 3.–5. 2., jeweils 19.30 Uhr, 6. 5., 17 Uhr).

Wir leben ja gerade in Zeiten der Krankheit mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis. Manchmal scheint es, als schützten wir das Leben so sehr, dass es selbst kaum noch stattfinden kann.

Mit dem erhöhten Sicherheitsbedürfnis dieser Zeit und der Angst, die möglicherweise dahintersteht, setzt sich im HAU die Choreografin und Performerin Dragana Bulut in ihrer neuen Arbeit „Behind Fear“ auseinander. Es soll dabei auch um die Paradoxien gehen, die unserer vermeintliche Sicherheitskultur produziert (HAU3, 2. & 3. 2., jeweils 19 Uhr, 4. & 5. 2. jeweils 20 Uhr)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!