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Film „The Smashing Machine“Die hässliche Seite des Sports

Der Film „The Smashing Machine“ erzählt vom Kampfsportler Mark Kerr. Er gibt Dwayne Johnson die Chance, sich als ernsthafter Schauspieler zu bewähren.

Ein entspanntes Paar? Mark Kerr (Dwayne Johnson) und Dawn Staples (Emily Blunt) Foto: Leonine

Das Konzept des „Starvehikels“ ist so alt wie Hollywood selbst: Filme, die eigens dafür ersonnen wurden, um gewisse Schauspieler oder Schauspielerinnen ins beste Licht zu setzen. Rudolf Valentino in „Der Scheich“; Marilyn Monroe in „Blondinen bevorzugt“. Das Genre ist ein wenig ausgestorben in letzter Zeit, wahrscheinlich auch deshalb, weil die Sorte Stars rar geworden ist, für die sich der Aufwand lohnt, weil ihr Name genug Publi­kum ins Kino zieht.

An die Stelle sind mehr und mehr die sogenannten ­Oscar-Köder-Filme (Oscar Bait) getreten, Filme, die mit einem bescheideneren Kassenergebnis auskommen, weil ihr wahrer Sinn darin besteht, ihrem Star die begehrte Trophäe zu beschaffen. „The Smashing ­Machine“ mit Dwayne „The Rock“ ­Johnson kommt als Parade­beispiel für Letzteres daher.

Obwohl „The Smashing Machine“ im Grunde ein Biopic ist und von der realen Karriere des Wrestling- und Mixed-Martial-Arts-Sportlers Mark Kerr erzählt, erscheint die Rolle Johnson wie auf den Leib geschnitten. Schließlich stieg er als „The Rock“ selbst zu Beginn der Nullerjahre zu einem der erfolgreichsten Kämpfer im US-amerikanischen Wrestling-Sport auf.

Mit besonderem Gespür für mediale Auftritte und wirkungsvolle Reden gelang Johnson schon bald der Übergang nach Hollywood, wo er zuerst in Abenteuerfilmen wie „Die Mumie kehrt zurück“ (2001) auftrat und später in Vin Diesels Team der muskelbepackten Männer in ihren röhrenden Autos in den „Fast & Furious“-Filmen große Erfolge feierte.

Der Film

„The Smashing Machine“. Regie: Benny Safdie. Mit Dwayne Johnson, Emily Blunt u. a. USA 2025, 123 Min.

Ein Superhelden-Franchise mit ihm als „Black Adam“ (2022) aus der Taufe zu heben, gelang nicht. Nun also versucht Johnson mit „The Smashing Machine“ den Sprung ins Fach des „ernsthaften Schauspielers“. Sein Auftritt in einem neuen, schlanken, weniger muskelbetonten Look rund um die Premiere Anfang September in Venedig blieb nicht ohne Wirkung; Branchenblätter wie Variety sprechen dem inzwischen 53-Jährigen große Chancen auf zumindest eine Oscar-Nominierung zu.

Dwayne Johnsons eigenes Charisma dominiert

Sobald Johnson in die Rolle von Kerr schlüpft, muss er sich bemühen, die eigene Ausstrahlung etwas runterzufahren

Aber das, was Johnson so geeignet erscheinen lässt für die Rolle von Mark Kerr, die sportbiografische Nähe ihrer Karrieren, erweist sich als Hypothek für den Film. Nicht nur, dass Johnsons eigene Karriere mit ihrem Wechsel zwischen Sport und Kino, zwischen Fitness-Influencer und Hollywood die schillerndere und interessantere ist, Johnsons eigenes Charisma – er gilt als ausgesprochen beliebt bei seinen Kollegen und Mitarbeitern – übertrifft das von Kerr um ein Vielfaches.

Was die kuriose Folge hat, dass Johnson, sobald er in die Rolle von Kerr schlüpft, sich sichtlich bemühen muss, die eigene Ausstrahlung ein bisschen runterzufahren, ein bisschen introvertierter und, ja, schlichter zu erscheinen, als es sonst seine Sache ist.

„The Smashing Machine“ will in ­einem Ausschnitt von wenigen ­Jahren aus Mark Kerrs Karriere dessen Leben und Beitrag zum Mixed-­Martial-Arts Sport beleuchten. Es beginnt mit ­einem Auftritt bei den World Vale Tudo ­Championship 1997 in ­Brasilien, später kämpft Kerr vor allem in Japan, wo der MMA-Kampfsport sich großer Beliebtheit erfreut. Es sind Jahre, in denen Kerr hinnehmen muss, dass er nicht immer gewinnen wird können.

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Trailer „The Smashing Machine“

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Als Folge des Sports, der mit hohen körperlichen Risiken verbunden ist und oft wenig rücksichtsvoll mit seinen Athleten umgeht, entwickelt Kerr außerdem eine Schmerz­mittel­ab­hän­gig­keit, die er aber auch relativ schnell wieder überwindet, wobei sich seine turbulente Beziehung zu der launischen Freundin Dawn (Emily Blunt) als wenig hilfreich erweist.

Beobachtende Haltung des Films

„The Smashing Machine“ ist das Solo­regie­debüt von Benny Safdie, der im Duo mit seinem Bruder Josh Filme wie „Uncut Gems“ gedreht hat und als Schauspieler unter anderem in Christopher Nolans „Oppenheimer“ zu sehen war. (Josh Safdie wird im Herbst mit „Marty Supreme“, in dem Timothée Chalamet einen Tischtennisspieler verkörpert, seinen eigenen Sportlerfilm vorstellen.)

In die von viel kommerziellem Druck geprägte Welt des MMA-Sports einzuführen, gelingt „The Smashing Machine“ nur bedingt. Obwohl er die hässliche Seite des Sports mit ihrer körperlichen Rohheit recht schonungslos ausstellt, behält der Film eine vor allem beobachtende Haltung bei. Mit dem Privatleben von Kerr ist es ähnlich: Egal ob Drogensucht oder lautstarke Auseinandersetzungen mit Freundin Dawn, der Zuschauer wird in respektvoller Distanz gehalten.

Blunts Rolle als kapriziöse Freundin, die immer im falschen Moment Aufmerksamkeit will, ist eine sehr undankbare. Die wichtigere Beziehung für Kerr ist sowieso die zum Sportsfreund und späteren Rivalen Mark Coleman, gespielt von dem echten Wrestling-Champion Ryan Bader, die tatsächlich nuancierter und berührender geschildert wird als die zu Dawn.

Aber letztlich weiß man im ganzen Film nie so richtig, mit wem man hier mitfiebern soll: mit Kerr, der unspektakulär seine Krisen meistert, oder doch vor allem mit Johnson, der sich als Schauspieler ins Zeug schmeißt? Aber gerade weil alles auf ihn, den Schauspieler, zugeschnitten ist, kommt man Kerr nie richtig nahe.

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