: The Show goes on
■ Unter Anspannung: Philharmonische Gesellschaft stellt ihr neues Programm vor
Sozusagen mit dem Rücken an der Wand stellten die Damen und Herren von der Philharmonischen Gesellschaft – sichtbar angespannt – gestern das Programm der Spielzeit 1998/99 vor. Denn es ist vielleicht die letzte Spielzeit des Generalmusikdirektors, vielleicht aber auch nicht. Seine – obschon seitens des Senats mündlich angekündigte und zugesagte – Vertragsverlängerung läßt noch immer auf sich warten, und das Ablehnungsvotum des Orchesters ist, so wurde der taz bekannt, erheblich deutlicher ausgefallen als nur knapp über die Mehrheit.
Aber es hilft ja alles nichts, The show must go on. Vor zahlreich erschienenen JournalistInnen erläuterte Rolf Fastenau vom Vorstand noch einmal die seltenen Konditionen der Philharmonischen Gesellschaft, eines gemeinnützigen Vereins (wir berichteten). Neu: Neben zwölf Orchesterkonzerten können als Abonnement dreimal acht gewählt werden.
Neu: Die Jugend- und Rathauskonzerte fallen weg – „da saßen zum Teil mehr Orchestermitglieder als Publikum“, sagt Barbara Grobien vom Vorstand. Dafür wird es thematisch gebundene „Familienkonzerte“ geben – jeweils am Sonntag morgen von elf bis zwölf. Neu: Die Flyer der Orchester- und der Kammerkonzerte wurden getrennt und statt wie vorher in einer Auflage von 10.000 nun mit mutigem Blick in die Zukunft zu 60.000 Stück gedruckt.
Das Programm hat keine Highlights vorzuweisen, ist dafür qualitativ zuverlässig mit nicht unbedingt weltberühmten, aber hervorragenden Dirigenten und dem erfolgreichen Versuch, ein Programmkuddelmuddel nach Wunschkonzertmanier zu vermeiden. Günter Neuhold wird mit der Wiedergabe der dritten Sinfonie von Gustav Mahler seinen Mahler-Zyklus fortsetzen, was nur zu begrüßen ist. In insgesamt fünf Konzerten wird er weiterhin Beethoven, Strauss und Berlioz anbieten, wobei sich in einem Konzert mit dem umstrittenen Violakonzert von Béla Bartók der neue Solobratscher Boris Faust vorstellen wird – ein Mann mit „einer sensationellen Körpersprache“, so Neuhold über Faust.
Besonders interessant dürfte der Auftritt der französischen Pianistengeschwister Katia und Marielle Labèque sein, auch der der Pianisten Lars Vogt und Rolf Plagge, der sich des dritten Klavierkonzertes von Rachmaninow annimmt. Der Organist und Pianist Wayne Marshall aus der Karibik, „eine Entdeckung“ für Günter Neuhold, wird sowohl Gershwins Klavierkonzert als auch Saint-Saens Orgelsymphonie interpretieren.
Für eine Pressekonferenz hätte sich Albert Schnelle, der die Kammerkonzerte vorstellte, ruhig ein wenig mehr Text einfallen lassen können, als abwechselnd zwischen „spannend“ und „sehr interessant“ zu kommentieren. Vom Klaviertrio bis zum Bläserensemble sind zahlreiche Besetzungen vertreten, wenn auch traditionell das Streichquartett wieder im Übergewicht ist. Angesichts der erdrückenden Konkurrenz ist das Philharmonische Staatsorchester auch angewiesen auf bewußte Unterstützung, denn noch so viele tolle Gastorchester können die notwendige Existenz eines Staatsorchesters nicht ersetzen. Ute Schalz-Laurenze
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